Klaus Wowereit: Die Geschichte eines Aufsteigers
Memoiren: Klaus Wowereit gewährt private Einblicke in sein Leben – und glaubt daran, dass ein Schwuler Kanzler werden kann.
Berlin. Klaus Wowereit hat im Alter von 53 Jahren seine Autobiografie vorgelegt. Andere Männer schlittern in diesem Alter in eine Midlife-Crisis, doch solche Sinnkrisen sind Berlins Regierendem Bürgermeister fremd. Er verfasst seine Memoiren, was Rückschlüsse auf Ambitionen des SPD-Politikers erlaubt.
Wer seine Lebensgeschichte aufschreibt, steht für gewöhnlich am Ende oder am Anfang einer Entwicklung. Da Wowereit alles andere als einen amtsmüden Eindruck macht, liegt die Vermutung nahe, dass die Autobiografie " . . . und das ist auch gut so" als Bewerbung für Höheres verstanden werden darf - zumal Wowereit die Buchvorstellung mit Interviews zum Zustand der SPD flankiert.
Doch die Öffentlichkeit erfährt zunächst mehr über das Leben und weniger über die Politik von "Wowi". Nicht nur die Leser der Boulevardpresse wissen nun, dass der Bürgermeister seine krebskranke Mutter und seinen querschnittsgelähmten Bruder gepflegt hat. Er spricht auch offen darüber, dass er vor der Partnerschaft mit seinem langjährigen Lebensgefährten Jörn Kubicki zwei Beziehungen zu Frauen hatte.
Es wird die Aufsteiger-Geschichte eines Mannes erzählt, der sich aus einfachen Verhältnissen nach oben gekämpft hat. "Ja, wir waren arm im Vergleich zu den Apothekern, Ärzten und Beamten, die in Lichtenrade wohnten", schreibt Wowereit. Der Sozialdemokrat erinnert damit ein bisschen an Gerhard Schröder, der einmal sagte, er habe "jahrelang Fensterkitt fressen müssen".
Ein anderer Satz ähnelt einer Aussage von Wolfgang Schäuble. Im Januar 1997 hatte der "Stern" Schäuble gefragt, ob "ein Krüppel" Kanzler werden könne. Ebenfalls im "Stern" antwortete Wowereit nun auf die Frage, ob denn ein Schwuler Kanzler werden könne: "Ich glaube, das wäre möglich."
Seit seinem legendären Bekenntnis auf dem SPD-Parteitag 2001 ("Ich bin schwul, und das ist auch gut so") setzt Wowereit auch seine eigene Lebensgeschichte ein, um in der Gesellschaft Verständnis zu wecken für Homosexualität. Nur bei entsprechender Akzeptanz hätte auch der Wahlkämpfer Wowereit eine Chance. Den Ruf des "Partymeisters" will er hingegen loswerden. Dass er Désireé Nick auf der Operngala 2004 geknutscht habe, sei "dusselig" gewesen. Auch das Foto, das angeblich zeigt, wie er Champagner aus einem Stöckelschuh trinkt, bereut er heute.
Werdegang Wowereit nennt sich selbst "ein echtes Berliner Kind". Geboren wurde er am 1. Oktober 1953 in Tempelhof. Er wuchs ohne Vater mit vier Geschwistern auf. Wowereit studierte Jura, arbeitete beim Berliner Innensenator. Seit 2001 ist er Regierender Bürgermeister mit einer rot-roten Koalition.