Kölner Polizei Kölns Hochsicherheitsfeier an Silvester

Ein Großaufgebot an Sicherheitskräften, Kunst, Kultur und Konzentration: Wie sich das immer etwas zu schusselige Köln auf die Silvesternacht vorbereitet.

Köln. Wer nicht aus Köln kommt und die bisweilen unerschütterliche Frohnatur des Rheinländers nie verstanden hat, wird diese Frage angesichts der Dimension des vergangenen Silvesters 2015 in der Domstadt vielleicht gar nicht verstehen: Ob denn angesichts der enormen Polizeipräsenz Silvester 2016 in Köln auf der Domplatte nicht eher totberuhigt und das Ganze damit ein langweiliger Abend werde, wollte ein Kölner Lokalreporter vom Podium im Kölner Rathaus wissen. Henriette Reker, die parteilose Oberbürgermeisterin der Stadt, verzieht kurz das Gesicht. Das ist jetzt gerade nicht so wirklich ihr Problem, aber dann antwortet sie trotzdem: „Es wird ein spannender Abend.“ Man will ihr nach dem Spott um ihre Aussage von der „Armlänge Abstand“ nun daraus nicht den nächsten Strick drehen.

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Rund 130 Journalisten sind an diesem Morgen ins Kölner Rathaus (Spanischer Bau) gekommen, mehr als 20 Kameras surren, als Polizei und Stadt das Konzept für Silvester 2016 präsentieren. Wenn der Jahreswechsel 2015 in Köln bis heute Untersuchungsausschüsse und die Republik beschäftigt, ist das hier heute ein Abbild davon. Kölns Silvester steht für Deutschlands Probleme in der Flüchtlingspolitik, für das Versagen des Staats und für traumatische Erinnerungen hunderter Frauen, die Opfer von Sexattacken wurden. Köln — das gilt als das Ende der Willkommenskultur. Und jetzt ist es erstaunlich, wie schnell sich Deutschland wandelt, wandeln kann. Wandeln muss?

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Auf der riesigen Leinwand über dem Podium leuchtet das Plakat, das wie ein schlechter Marketing-Gag anmutet: „Kommt gut ins neue Jahr — fröhlich und sicher Silvester feiern in Köln“ steht darauf geschrieben. In das Herz sind die Türme des Doms integriert. Eine Frau vom Domradio will darin einen entwurzelten Zahn erkennen. Symbolik? Nein, sagt Kölns Stadtsprecher Gregor Timmer, diese Interpretation sei dann wohl auf einen ihrer jüngeren Zahnarztbesuche zurückzuführen. Zu bunt soll es hier jetzt bitteschön nicht werden. Klar ist: Köln hat begriffen, dass die Stadt am 31. Dezember im Blickpunkt der Weltöffentlichkeit stehen wird. Jürgen Mathies, ein gebürtiger Wuppertaler, vielleicht am schnellsten. Mathies ist Kölns Polizeipräsident, er kam im Januar dieses Jahres ins Amt, weil Vorgänger Wolfgang Albers von NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD) im Zusammenhang mit den sexuellen Übergriffen der Silvesternacht in den vorzeitigen Ruhestand geschickt worden war. Jetzt sagt Mathies, er beschäftige sich seit jenem Januar mit Silvester.

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„Sehr viele“ Kölner Polizisten seien seither an die Grenzen ihrer Belastbarkeit gegangen, um Köln sicherer zu machen. Im Karneval und bei einer Großveranstaltung wie „Kölner Lichter“ habe das funktioniert. Die Kriminalitätsrate der Domstadt sei zurückgegangen, sagt Mathies. Jetzt hat er eine Hochsicherheitsfeier zum Jahreswechsel organisiert, Mathies nennt das einen „Spagat“; irgendwo zwischen rheinischer Fröhlichkeit und verhindertem Republikentsetzen. Eine Wiederholung wäre der Super-Gau. Wer wollte das verantworten?

Plakat für die Silvesterfeier 2016/2017 in Köln

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Auch deshalb sind Oberbürgermeisterin Henriette Reker die Kosten für die Stadt Köln offenbar relativ egal. 400 000 Euro etwa sind es, heißt es. Es wird, es muss am Ende mehr sein, aber das ist jetzt nicht Rekers Problem: Sicher muss es sein, alles andere ist erst einmal egal. Wegen dieser Priorität hat sich die Stadt wohl auch spät um ein Kultur-Programm gekümmert, am Ende ist man auf eine multimediale Licht- und Klanginszenierung gestoßen, die der Berliner Künstler Philipp Geist auf die Domplatte werfen wird. Die Gäste werden darin Teil des Programms, aus dem Angstraum soll ein Lichtraum werden. Dass der Künstler für die Wirkung eigentlich eine „dunkle Umgebung“ braucht, Polizei und Stadt die Gefahrenzone vor dem Bahnhof nahe Dom aber ausleuchtet, gehört zu jenen Umständen, die so wohl nur in Köln möglich sind. Wird schon. Es wird ja auch noch gesungen: ein Chor mit jungen Flüchtlingen, ein Gospelchor — und Henning Krautmacher, Leadsänger der „Höhner“, ist auch dabei. Natürlich.

1500 Beamte der Landespolizei sind da, rund 600 Ordnungskräfte der Stadt. Hinzu kommen 800 Beamte der Bundespolizei NRW-weit, rund 300 davon speziell in Köln. Die Stadt werde an diesem Tag zu den sichersten Orten der Republik gehören, sagt Wolfgang Wurm, Chef der Bundespolizeidirektion Sankt Augustin. „Ähnlich wie Berlin.“

Die Hohenzollernbrücke wird ab 16 Uhr gesperrt, andere Brücken teilweise auch. Auf den Straßen werden 20 Streetworker unterwegs sein, es gibt Beratungsmobile für Frauen und Mädchen, Schutzzonen um den Dom, Böllerverbote. Und 200 Kameras, die direkt ins Polizeipräsidium übertragen. Für Journalisten bietet die Kölner Polizei eifrig Einsicht in alle Vorbereitungen. Wo einmal etwas passiert ist, wird eben danach doch vieles besser. Und im Rest von Nordrhein-Westfalen? Köln sicher — alles andere aber nicht mehr? Alle verfügbaren Hundertschaften seien im Einsatz, sagt dazu das Innenministerium. Unterstützt werde, wo unterstützt werden müsse. Wie jetzt erstmal in Köln. Henriette Reker sagt: „Köln ist mehr als das vergangene Silvester.“ Ein Großaufgebot hilft mit, dass dieser Satz irgendwie Gültigkeit erlangen kann.