Keine Enthüllungen „Königin-Buch“ lässt Spanien kalt
Madrid (dpa) - Sie gilt in Spanien als miesepetrig, aber bei einem Termin am Freitag in Madrid strahlte Letizia über beide Ohren. Das fiel den Anwesenden und auch den Medien sofort auf: „Die Königin hat sich noch nie so vergnügt präsentiert“, schrieb die Digitalzeitung „El Nacional“.
Hatte die gute Laune der 45-Jährigen etwa mit Erleichterung zu tun? Denn nur wenige Stunden vor dem Termin im Zarzuela-Palast war ein autobiografischer Roman von Letizias erstem Ehemann Alonso Guerrero in die Läden gekommen. Die befürchteten Enthüllungen des Mannes, der nach seiner langjährigen Beziehung zur späteren „Reina de España“ in den 1990er Jahren jahrelang Stillschweigen gewahrt hatte, blieben aber aus.
Das Buch „El Amor de Penny Robinson“ (Die Liebe der Penny Robinson) basiert, wie der Autor und der Verlag Berenice betonten, auf wahren Begebenheiten. Guerrero erscheint auf 206 Seiten unter seinem echten Namen, aber alle anderen Hauptfiguren tauchen unter fiktiven Namen auf. Die nicht unbedingt einfach zu lesende Story ist zudem voller Symbole und Metaphern. Das meiste bleibt der Interpretation überlassen. „Der Leser muss zwischen den Zeilen lesen“, sagte der Autor jüngst der Zeitung „El Mundo“ in einem seiner seltenen Interviews.
Auf den ersten Blick keine pikanten Enthüllungen, eine etwas komplizierte Geschichte, ein medienscheuer Autor. Angesichts dieser Konstellation ist es kein Wunder, dass das Buch Spanien weitgehend kalt lässt. In den Regenbogen-Medien und TV-Sendungen, die sonst die Royals um König Felipe VI. nicht aus den Augen lassen, wurde die Veröffentlichung bisher kaum erwähnt. Im Kaufhaus der Handelskette FNAC im Zentrum Madrids zog der Roman trotz prominenter Platzierung am Wochenende wenig Aufmerksamkeit auf sich. „Wir haben es bisher kaum verkauft“, sagte ein Mitarbeiter der Deutschen Presse-Agentur.
Dabei birgt das nach Medieneinschätzung „respektvoll“ geschriebene Buch schon etwas Zündstoff. Etwa auf Seite 37. Da lässt der Autor durchblicken - wie alle seriösen Medien Spaniens interpretieren -, dass er Letizia (im Buch „Laura“ genannt) im Bett zweimal nackt fotografiert hat. „Ich habe den Selbstauslöser gedrückt und mich neben ihr fotografiert, so nackt wie sie“, schreibt Guerrero. Im Interview der Zeitung „El Mundo“ sagt der Journalist zum Autor: „Ich werde beim Lesen dieser Zeilen nicht der erste sein, der denkt, es gibt zwei Nacktfotos von Laura, also von der Königin.“ Guerrero bestätigt weder, noch dementiert er. „Ich habe das ohne jegliche Absicht geschrieben“, antwortet er lediglich.
Das Buch ist keine „Abrechnung“ mit Letizia und auch kein „Verrat am Königshaus“, wie Medien im Vorfeld vorschnell geurteilt hatten. Dem Autor geht es wohl in erster Linie darum, sich die eigenen Geister, die Probleme und den Gram von der Seele zu schreiben - und mit den Medien und Paparazzi abzurechnen. Sie hatten ihm nach Bekanntgabe der Verlobung Felipes mit der damaligen TV-Journalistin Letizia Ortiz Rocasolano im Jahr 2003 offenbar das Leben zur Hölle gemacht. Ihm monatelang aufgelauert und sogar seinen Müll durchsucht. Er vergleicht die Paparazzi mit „Hundejägern, mit ihrer am Gürtel hängenden Fangschlinge“.
Doch wer ist Alonso Guerrero? Der Schriftsteller sowie Spanisch- und Literatur-Lehrer lernte Letizia - wie er im Interview mit „El Mundo“ enthüllt - 1989 in der Madrider Schule Ramiro de Maeztu kennen. Damals war die spätere Königin erst 16 oder 17 Jahre alt, der Lehrer, der heute immer noch unterrichtet, wenn auch an einer anderen Madrider Schule, etwa zehn Jahre älter. Die beiden waren rund zehn Jahre ein Paar, bevor sie 1998 standesamtlich heirateten. Die Ehe hielt nur ein Jahr. Guerrero blieb fünf Jahre „anonym“, bis zur Verlobung im Königshaus. „Man hat mir 300 000 Euro für ein Hochzeitsfoto angeboten. Aber nein, niemals. Mein Schweigen gehört mir“, sagte der 55-Jährige zu „El Mundo“.
Nach Angaben des Verlags handelt der Roman von der „Verwandlung eines Mannes mit einem sehr ruhigen Leben zur Medienfigur“. „Aufgrund der Tatsache“, heißt es weiter, „dass er mit der Frau verheiratet gewesen war, die zur Königin von Spanien werden sollte, wurde der Mann von der Regenbogenpresse verfolgt, die ihm nicht nur Erzählungen, sondern auch Stücke seiner Person entreißen wollte“. Der Autor schreibe, „was er damals alles erlebt hat und vor allem wie er es erlebt hat“. Er habe denjenigen, „die etwas mehr als nur Erzählungen suchen, auch ein literarisches Werk“ bieten wollen.
Die Medienverfolgung und das Tohuwabohu um Letizia macht Guerrero dafür verantwortlich, dass seine Schriftsteller-Karriere trotz 15 Veröffentlichungen nie richtig in Gang kam. Hoffnung auf einen literarischen Durchbruch hegt der Autor trotz seines jüngsten Werkes wohl nicht mehr. „Du bist tot“, sagt jemand im Buch zu ihm.
Letizia, die Felipe 2004 heiratete und mit der Thronbesteigung ihres Ehemannes zehn Jahre später zur Königin wurde, kann derweil ruhig schlafen und auch lachen. Wenn es um Veröffentlichungen geht, hat sie schon einiges durchmachen müssen. Vor allem 2013, als ihr Cousin und Ex-Anwalt David Rocasolano ein Buch mit dem Titel „Adiós, Princesa“ schrieb, in dem er sie als „herrisch“ und „paranoid“ bezeichnete. Er sprach darin auch von einer Abtreibung. Von Letizia und vom Königshaus gab es dazu keinen Kommentar.