Kohlendioxid-Grenzwerte: EU-Umweltkommissar Stavros Dimas hat wenig Verbündete
Stavros Dimas muss viel Kritik einstecken. Aber gegen die deutsche Autolobby und Kanzlerin Merkel war er chancenlos.
<strong>Brüssel. Das hat Stavros Dimas nicht verdient: "Weichgespült" worden sei der griechische EU-Umweltkommissar in der Debatte um den künftigen Kohlendioxid-(CO2)-Ausstoß von Autos, meinte der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland. Fairerweise ist aber zu sagen, dass Dimas wenig Verbündete für seine Idee hatte, die Autoindustrie auf einen durchschnittlichen CO2-Höchstwert von 120 Gramm je Kilometer für die neuzugelassene Flotte im Jahr 2012 zu verpflichten. Der Grieche trat immerhin gegen Angela Merkel an, die sich nun - wie ihr SPD-Vorgänger Gerhard Schröder - den Titel "Auto-Kanzler(in)" verdient hat. Es gab in Brüssel durchaus kritische Stimmen zur Ankündigung Merkels, energischen Widerstand gegen pauschale CO2-Grenzwerte auch für die schweren, mehr Sprit schluckenden deutschen Oberklassen-Fahrzeuge leisten zu wollen. Er halte es für falsch, was Merkel sage, bemerkte der Chef der Sozialisten-Fraktion im Europaparlament, der deutsche SPD-Abgeordnete Martin Schulz. "Mein Eindruck ist, dass da mehr die CDU-Vorsitzende gesprochen hat als die Bundeskanzlerin und EU-Ratspräsidentin."
Verheugen: "Zukunft liegt im Bereich der hochwertigen Fahrzeuge"
Andere Politiker teilten ihr Missfallen hinter vorgehaltener Hand mit. Da reiche die platte Drohung der deutschen Autobranche, im Fall zu scharfer CO2-Grenzwerte massiv Arbeitsplätze abzubauen, und flugs stehe Merkel auf der Barrikade. Industriekommissar Günter Verheugen (SPD) hingegen versteht die ganze Aufregung um die Merkel-Intervention nicht. "Ich habe da nichts zu kritisieren", stellte der deutsche Kommissar klar. Für ihn zählt, dass die nun anstehenden Gesetzesvorlagen der Kommission mit einer fundierten Folgenabschätzung für die Industrie formuliert werden. Er wehrt sich gegen den Vorwurf, die Klimaziele verwässern zu wollen oder irgendjemandes Lobbyist zu sein. "Die Zukunft der europäischen Automobilindustrie liegt eher im Bereich der großen und hochwertigen Fahrzeuge", lautet seine Analyse. Die Eckdaten seien der Mix, der Umweltschutz, Innovation und Wettbewerbsfähigkeit verbinde. Der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer (FH Gelsenkirchen) geht davon aus, dass Neuwagen durch die EU-Klimaziele im Schnitt 1500 Euro teurer werden. Die Spriteinsparung könne diese Summe nicht wieder herausholen. Biosprit: Kein Allheilmittel für das KlimaBiosprit-Anteile: Seit dem 1. Januar muss dem Kraftstoff in Deutschland Biosprit beigemischt werden. Beim Diesel, der aus Raps gewonnen wird, beträgt die Quote bis zu 5,75 Prozent, beim Benzin (aus Rüben, Kartoffeln oder Getreide) 1,2 Prozent.
Klimaschutz: Der Vorteil des Biosprits: Die Menge des Treibhausgases Kohlendioxid (CO2), die bei der Verbrennung freigesetzt wird, entspricht genau der Menge, die die Pflanze vorher im Wachstum aufgenommen hat. Biosprit sei also, so die Rapsöl-Lobby, "klimaneutral".
Transport: Maximal die Hälfte des verwendeten Rapsdiesels stammt aus deutschem Anbau. Der Rest wird importiert, was wiederum Energie frisst. Besonders problematisch ist der Import von Palmöl für den Biodiesel aus Asien. Für die dortigen Palmöl-Plantagen werden jedes Jahr rund eine halbe Million Hektar Regenwald vernichtet. Fatal, denn der Regenwald ist der wichtigste Treibhausgas-Schlucker der Welt.
Deutsche Verlierer: Autobauer aus Deutschland gehören mit ihren PS-starken Pkw zu den größten Klimasündern in Europa.
BMW: Mit im Schnitt 192 Gramm CO2 pro Kilometer schneiden die Bayern unter den deutschen Marken am schlechtesten ab. Europaweit belastet nur Volvo (195 Gramm) das Klima noch mehr.
Mercedes-Benz: Mit 185 Gramm pro Kilometer liegen die Stuttgarter nur knapp hinter BMW.
Audi: Die VW-Tochter kommt auf 177 Gramm CO2 pro Kilometer, VW im Schnitt auf 159 Gramm - trotz kleiner Modelle.