Krankenpfleger soll heimtückisch getötet haben
Oldenburg (dpa) - Ein Krankenpfleger soll über Jahre schwer kranken Patienten auf der Intensivstation einer Klinik in Niedersachsen eigenmächtig ein Medikament verabreicht und sie so getötet haben.
Wegen dreifachen Mordes und zweifachen Mordversuchs muss sich der 37 Jahre alte Mann seit Donnerstag vor dem Landgericht Oldenburg verantworten. Zu den Vorwürfen äußerte er sich beim Prozessauftakt nicht. „Ich schweige“, sagte er.
Als erster Zeuge sagte ein Oberarzt der Klinik in Delmenhorst aus. Der 65-jährige Internist erklärte, der Angeklagte habe einen „Rettungswahn“ gehabt. So sei der Mann in seiner Freizeit mit Genehmigung der Klinik Rettungswagen gefahren. „Er war begeisterter Rettungssanitäter.“ Der Pfleger habe einen guten Eindruck gemacht, es habe keinen Grund gegeben, ihn nicht einzustellen.
Es sei allenfalls auffällig gewesen, dass er häufig bei Reanimationen anwesend war. Vor allem das Intubieren von Patienten habe er gut gekonnt. Gerade jüngere Ärzte seien froh gewesen, wenn der Krankenpfleger diese Aufgabe übernahm, sagte der Internist. „Es gab keine Gedanken, zu fragen, warum er immer dabei war.“
Der Pfleger war für eine ähnliche Tat 2008 bereits zu einer Freiheitsstrafe von siebeneinhalb Jahren verurteilt worden. Seitdem sitzt er im Gefängnis. Nach der Berichterstattung über den ersten Prozess schöpfte eine Frau Verdacht, deren Mutter in der Delmenhorster Klinik plötzlich gestorben war. Sie erstattete Anzeige und brachte so weitere Ermittlungen und das neue Verfahren ins Rollen.
Die Anklage wirft dem Mann vor, zwischen 2003 und 2005 fünf Patienten im Klinikum Delmenhorst ein Medikament gespritzt zu haben, das schwere Herz- und Kreislaufprobleme auslösen kann. Staatsanwältin Daniela Schiereck-Bohlmann sagte, der Pfleger habe aus Langeweile gehandelt und um seine Fähigkeiten beim Reanimieren vorzuführen. Den möglichen Tod der Patienten habe er dabei in Kauf genommen.
Eine 61-jährige Frau sowie zwei Männer im Alter von 44 und 78 Jahren starben nach Überzeugung der Anklage wegen des verabreichten Medikaments. Bei zwei weiteren Patienten ließ sich nicht feststellen, ob sie wegen der Arznei oder wegen ihrer Vorerkrankung starben.
Der Angeklagte verfolgte den Prozess am Donnerstag nahezu teilnahmslos. Beim ersten Prozess war dem Mann nachgewiesen worden, dass er einem Patienten ohne ärztliche Anordnung ein Medikament mit dem Wirkstoff Ajmalin gespritzt hatte. Nach Angaben des Oberarztes war es für den Angeklagten leicht, an die Arznei heranzukommen. Sie konnte von Pflegekräften für die Intensivstation ohne Arztunterschrift bestellt worden.
Nach Aufdecken des ersten Falls 2005 war festgestellt worden, dass der Verbrauch des Medikamentes in den Vorjahren stark angestiegen war - von 40 Ampullen in 2001 auf 380 Ampullen drei Jahre später. Auch die Todesrate stieg im Tatzeitraum. Der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann sagte, die Kammer werde sich für das Verfahren viel Zeit nehmen, es seien Termine bis 2015 angesetzt.