Kunstkenner im Panzerwagen
Eine Einheit der US-Armee rettete von Nazis geraubte Kunstschätze vor der Zerstörung. Ihre Heldentaten verfilmt jetzt George Clooney.
Berlin. Es war ein Beutezug, wie ihn die Geschichte bis dahin nicht erlebt hatte: Mit dem Vormarsch der deutschen Truppen im Zweiten Weltkrieg setzten die Nationalsozialisten einen Kunstraub in gigantischem Maßstab in Gang. Mehr als fünf Millionen Werke verschwanden aus Museen, Kirchen und Privatsammlungen, etwa Werke von Vermeer, Michelangelo und da Vinci.
Auf Hitlers Befehl sollte „Reichsfeldmarschall“ Hermann Göring ein „Führermuseum“ in Linz aufbauen. Erst nach 1945 wurden die meisten Objekte zurückgegeben — unter anderem Dank einer Gruppe von Kunsthistorikern und Kuratoren, die hinter den Alliierten-Linien die geraubten Güter sicherstellten.
Die Geschichte dieser „Monuments Men“, wie die 350 Männer und Frauen im Militärjargon hießen, hat der Amerikaner Robert M. Edsel aufgeschrieben. Dass sich „Monuments Men. Die Jagd nach Hitlers Raubkunst“ zum Filmplot eignet, ahnte George Clooney. Der Hollywood-Star dreht in Berlin und Potsdam, führt Regie und spielt den Kunsthistoriker George Stout.
Der Mann mit dem Oberlippenbart und einem Revolver an der Hüfte erscheint wie eine Mischung aus Indiana Jones und Ernest Hemingway. Stout galt als Fachmann für Erhalt und Restaurierung von Kunstwerken. Schon vor dem Krieg hatte er sich in Harvard mit bedrohter Kunst befasst und stand in Kontakt zu Fachleuten weltweit. 1943 meldete er sich für den Kriegsdienst, in der Hoffnung etwas zur Rettung der Kunst beitragen zu können.
Erst auf Druck von US-Museumsdirektoren wurde die Einheit gebildet. Es gehe um „den Schutz unserer Zivilisation“, sagte US-Präsident Eisenhower. Stout wurde zum Koordinator der Mission ernannt. Es wurde seine Lebensaufgabe. „Was ist, wenn wir den Krieg gewinnen, aber die letzten 500 Jahre unserer Kulturgeschichte verlieren“, fragte er.
Unklar war, welche Befugnisse die „Monuments Men“ überhaupt hatten. Von Sizilien aus rückten Stouts Leute mit den Truppen nach Norden vor. Auch bei der Alliierten-Landung in der Normandie waren sie dabei. Im besetzten Frankreich stützten sich die Kunstretter auf ein Netz von Informanten, das bis in die Spitze des Louvre reichte.
Mit einer Mischung aus Fingerspitzengefühl und Courage gelang es ihnen, den Schätzen auf die Spur zu kommen. Ob im Salzbergwerk am österreichischen Altaussee, wo Jan van Eycks Genter Altar und Michelangelos Brügger Madonna lagerten, oder im thüringischen Bergwerk Merkers, wo Stouts Leute Edouard Manets Gemälde „Im Konservatorium“ zusammen mit mehr als 40 Tonnen Kunst entdeckten — Stouts Männer zählten, wie Autor Edsel schreibt, zu den Helden des Zweiten Weltkriegs.