Kunze verlegt Shakespeares „Sturm“ ins All
Hannover (dpa) - „Richtiges Illusionstheater“ wolle man machen. Das versprach Schriftsteller und Sänger Heinz Rudolf Kunze vor der Premiere und verlegte Shakespeares „Sturm“ von der mediterranen Insel des Originals in die Weiten des Alls.
Eine große, silbern schimmernde Blechbüchse schiebt sich daher ganz zu Beginn bis zur Rampe der barocken Gartenbühne in Herrenhausen. Es ist das Raumschiff „Friesia“, das auf dem Planeten „Textura“ notlanden musste.
Dort müssen die Gestrandeten schnell merken, dass sie nicht alleine sind. Der Zauberer Prospero (Bernd Tauber), einst mit seiner Tochter Mirakula (Milica Jovanovic) auf den Planeten geflohen, ist der uneingeschränkte Herrscher über diese fremde Welt, die er gemeinsam mit seinem Luftgeist Ariel bewacht. Und dieser Ariel, eine zum Leben erwachte goldene Statue des Großen Gartens, erscheint in Sebastian Strehlers Interpretation so luftig und vital, dass sie sich schnell als heimlicher Star des planetarischen Ensembles entpuppt.
Die Musik ähnele in vielen Passagen einem Filmsoundtrack, erklärt Komponist Heiner Lürig, und tatsächlich klingt der Sound des siebenköpfigen Orchesters in manchen Momenten nach großem Hollywood-Kino, während andere Songs dann doch etwas einfach gestrickt sind. Die teilweise heftigen, nicht nur musikalischen Brüche innerhalb der Inszenierung seien aber gewollt, erklärt Regisseur Christian von Götz. Ihm sei bewusst, dass diese Produktion die unterschiedlichsten Genres und Spielarten streife und das Ganze im wahrsten Sinne des Wortes nicht hundertprozentig wasserdicht sei.
Das Bühnenbild (Michael Goden) entfaltet seine Wirkung erst mit zunehmender Dämmerung. Wenn die perspektivisch in die Gartenkulisse integrierten außerirdischen Pflanzen in den unterschiedlichsten Lichtstimmungen erstrahlen, kommt so etwas wie „ein Geheimnis“ ins Spiel, das sich Kunze so sehr für seine Theaterarbeit wünscht. Nur werden diese Momente dann doch zu häufig von arg platten Comedy-Szenen unterbrochen, die mit einem von Shakespeares rätselhaftesten Werken nur noch sehr rudimentär etwas zu tun haben. Ist dieses Spektakel wirklich - wie von Prospero besungen - „der Stoff, aus dem die Träume sind“? Das muss jeder Zuschauer selber entscheiden.