Marc Jacobs - ersehnter Glamourfaktor in Berlin
Berlin (dpa) - Auch wenn sie es nicht immer verdient hat, über die Berliner Modewoche ist schon viel gelästert worden. Keine wirklich großen Namen, zu viele B-Promis. Deutsche Designer wie Wolfgang Joop und Karl Lagerfeld sind zum Arbeiten lieber in Paris.
Da ist es für die Berliner Fashion Week (6. bis 9. Juli) ein Ritterschlag, dass dort diesmal einer der Großen im Rampenlicht steht: Marc Jacobs (48). Es soll Frauen geben, die sich um seine Louis-Vuitton-Handtaschen prügeln würden.
Das Credo des Amerikaners: „An mich selbst zu glauben und meinen Instinkten zu vertrauen.“ Bei seiner Pariser Show im Winter ließ Jacobs das Model Kate Moss mit Miederhose und Zigarette auftreten - ungünstigerweise am Nichtrauchertag. Das brachte eine hohe Strafe und wieder einmal Schlagzeilen.
Es gibt Modedesigner, die sind unauffällige Typen. In diese Kategorie fällt Jacobs nicht. Er könnte selbst für seine Parfüms modeln. Und er sieht wie der Beweis aus, dass auch Fitness süchtig machen kann. Weitere Markenzeichen: Bodybuilder-Muskeln und geschätzt 30 Tattoos, darunter eines von Comic-Held Sponge Bob. Interviews gibt er im Herrenrock, der den Blick auf seine strammen Waden freigibt.
Jacobs wuchs in New Jersey auf, vor den Toren New Yorks, bei seiner Großmutter, die ihm das Stricken beibrachte. Schon während seines Studiums gewann er Preise und vermarktete eine Linie mit Strickpullis. In den 90er Jahren entwarf er eine vom Grunge-Stil inspirierte Kollektion für das Modehaus Perry Ellis, die dort durchfiel.
Danach startete Jacobs seine eigenen Linien. Heute entwirft er sogar Smoking-Fliegen für Kinder - „ausverkauft“ prangt darüber im Internetshop. Wie man einen Hype und ein breites Portfolio am Laufen hält, weiß Jacobs gut. Von der Brille bis zum Bikini reicht die Produktpalette, für die sein Name steht.
Das Traditionshaus Vuitton bekam durch ihn Witz und Originalität, stilprägend sind Accessoires wie auffällige Knöpfe. Oft fällt bei Modekennern das Wort Genie, wenn sie Jacobs beschreiben. Virtuos spielt er auf der Stilklaviatur: vom Pariser Chic der 50er Jahre über hippiehaften Ethno-Look bis zu Glamour-Geishas und New Yorker Großstadt-Girlies.
Jacobs sagt, er habe nicht eine, sondern viele Musen, von Freunden bis zu Filmfiguren. „Das macht für mich die Kleider glaubwürdiger, wenn ich mir vorstellen kann, dass jemand, den ich kenne, sie tragen würde und sie nicht nur Laufsteg-Fantasien sind.“
Nach Berlin hat ihn die Kaufhauskette Peek & Cloppenburg geholt. Solche Kooperationen kennt man, seit Karl Lagerfeld vor einigen Jahren ein T-Shirt mit seinem Konterfei für H & M entwarf. Jacobs wählte mit einer Jury fünf Nachwuchsdesigner aus, die im Finale des Wettbewerbs „Designer for Tomorrow“ stehen. Am Mittwoch wird der Gewinner gekürt. Vermutlich wird Jacobs zu den aufgeregten Nachwuchstalenten nett sein. Schließlich hat er selbst einmal klein angefangen.