Missbrauchter Adoptivsohn: Ämter haben weggeschaut

Fluterschen (dpa) - Im Westerwälder Missbrauchsfall gerät nun das Jugendamt in die Kritik: Ein Adoptivsohn des 48-jährigen Angeklagten beklagt erfolglose Hilferufe bei dem Amt.

So habe er sich bereits an die Behörde gewandt, als er 1998 nach einem Gewaltausbruch des Stiefvaters im Krankenhaus behandelt werden musste, sagte der 27-Jährige im Interview mit der „Rhein-Zeitung“ (Koblenz/Mainz). Er erinnere sich an Sätze, dass eine härtere Erziehung in Großfamilien ganz normal sei - und das Versprechen „Wir kümmern uns“.

Aber alle hätten die Augen zugemacht. „Keiner hat der Familie geholfen“, sagte er der Zeitung (Samstagausgabe). Auch als er von 2002 an nicht mehr mit dem Adoptivvater unter einem Dach lebte, habe er der Familie helfen wollen. „Ich habe jedes Jahr beim Jugendamt nachgehört, nichts hat sich getan.“

Der 48-jährige Vater muss sich vom kommenden Dienstag an vor dem Landgericht in Koblenz wegen vielfacher Misshandlung und Missbrauch seiner Kinder verantworten. Er soll mit einer Stieftochter acht Kinder gezeugt haben.

„Wir haben über viele Jahre sehr gewalttätige, schreckliche Erfahrungen gemacht“, beschreibt der 27-jährige Adoptivsohn das Martyrium. Prügel seien an der Tagesordnung gewesen. Der Vater habe die Kinder mit einem Gürtel der Bundeswehr zusammengeschlagen. Er hoffe, dass sein Stiefvater nie wieder aus dem Gefängnis komme.