Nachbeben in Italien, Erdstöße in Bulgarien
Rom/Modena/Sofia (dpa) - Trümmer, baufällige Häuser, verzweifelte Menschen: In der italienischen Erdbebenregion herrschen auch Tage nach den schweren Erdstößen vom Sonntag noch desolate Zustände.
Die Regierung verhängte für die Region den Notstand und stellte 50 Millionen Euro Hilfsgelder bereit.
Tausende haben kein Dach über dem Kopf. Tausende Helfer sind im Einsatz, darunter rund 1000 Freiwillige. Nachbeben erschüttern weiter die Region, ihre Intensität nimmt aber ab. Es war eines der schwersten Beben in Italien in den vergangenen hundert Jahren. Sieben Menschen starben, rund 50 wurden verletzt.
Auch in Bulgarien bebte in der Nacht zum Dienstag die Erde. Anders als in Italien kamen die Bulgaren meist mit dem Schrecken davon. Eingestürzte Schornsteine, Risse an Häusern und Leichtverletzte waren die Folgen des Bebens der Stärke 5,9, des schwersten Erdbebens im Raum Sofia ebenfalls seit rund hundert Jahren.
Italiens Regierungschef Mario Monti besuchte am Dienstag den Erdbebenort Sant'Agostino und das ebenfalls stark betroffene Finale Emilia und sagte den Menschen Hilfe zu. Vier der Toten waren allein aus Sant'Agostino. Dort lag das Epizentrum des Bebens. Eine 37 Jahre alte Deutsche, die laut die Nachrichtenagentur Ansa aus Elmshorn stammte, starb bei Bologna. Vermutet wurde, dass sie vor Schreck starb. Sie habe keine Vorerkrankungen gehabt, schrieb die Ansa unter Berufung auf die Behörden.
Die bereitgestellten 50 Millionen Euro sollen für Hilfsmaßnahmen verwendet werden, etwa auch die Absicherung von Gebäuden. Sie kommen aus einem nationalen Zivilschutzfonds. Die genaue Höhe der Schäden steht noch immer nicht fest. Allein die Bauern-Verbände sprechen von Schäden in Höhe von bis zu 200 Millionen Euro in der Landwirtschaft. Allein 300 000 Laibe Parmesan wurden zerstört - schon das ein Millionenschaden.
Monti sagte bei seinem Besuch in Norditalien: „Wir fühlen mit den Familien der Opfer, wir versuchen ihnen zu helfen, um ihre schwierige Situation zu meistern.“ Einige Erdbebenopfer riefen Monti zu: „Geh nach Hause!“ Ihr Protest richtete sich vor allem gegen die neue Grundsteuer IMU. Die Regierung denkt bereits über Steuererleichterungen für die Erdbebenopfer nach.
Die Zahl der Obdachlosen stieg auf 5000. Viele wurden in Zelten untergebracht, andere in Schulen und Sporthallen. Regenfälle behinderten zeitweise die Aufräumarbeiten. Viele Schulen blieben geschlossen. Das stärkste Nachbeben in der Nacht zum Dienstag hatte eine Magnitude von 3,5, hieß es unter Berufung auf das Nationale Geophysikalische und Vulkanologische Institut.
Das Epizentrum des Bebens in Bulgarien lag etwa 25 Kilometer südwestlich der Hauptstadt Sofia bei der Kleinstadt Pernik. Das Beben sei im gesamten Westen und Südwesten des Landes zu spüren gewesen, berichtete lokale Medien. Eine Frau starb an Herzversagen. In Sofia und Pernik bildeten sich an vielen Gebäuden, auch Schulen und Kindergärten, Risse. Von den Dächern fielen Ziegelsteine und beschädigten zahlreiche Autos. Vorübergehend fielen Strom und Internet aus. In dem Gebiet des Epizentrums wurde der Notstand ausgerufen. In Pernik schlossen alle Behörden und Schulen.
Für die beiden Erdbeben in Italien und Bulgarien gibt es eine geologische Ursache: die tektonischen Kräfte der afrikanischen Platte. „Mit mehreren Metern im Jahrhundert bewegt sie sich“, sagte der Geophysiker Rainer Kind vom Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ) Potsdam der Nachrichtenagentur dpa. Sie schiebe nach Norden unter die Alpen und nach Osten unter den Balkan. Ob jedoch ein Zusammenhang zwischen den beiden aktuellen Naturereignissen besteht, ist nach seiner Einschätzung schwer zu beantworten. „Wir kennen uns zu wenig aus.“
Nach Angaben des Erdbebenexperten von Munich Re, Alexander Allmann, besteht zwischen den beiden Beben kein kausaler Zusammenhang. Es sei auch nicht von einer gesteigerten Aktivität in Europa auszugehen, sagte Allmann.
Der Reiseverkehr in Italien wird durch das Beben kaum beeinträchtigt. Autobahnen und große Straßen seien nicht beschädigt, sagte eine Sprecherin des ADAC in München. Nur kleinere Straßen in der Gegend um das Epizentrum in der Emilia Romagna seien nicht befahrbar.