Natascha Kampusch: „Wollte mit der ganzen Geschichte abschließen“

„3096 Tage“ heißt das Buch, mit dem Natascha Kampusch versucht, ihre Zeit in den Händen von Wolfgang Priklopil aufzuarbeiten.

Wien. Vor vier Jahren befreite sich die heute 22-jährige Österreicherin Natascha Kampusch aus der Gefangenschaft von ihrem Entführer Wolfgang Priklopil. In ihrem Buch "3096 Tage" will sie mit Missverständnissen aufräumen.

Frau Kampusch, warum haben Sie diese Buch geschrieben?

Kampusch: Ich wollte mit der ganzen Geschichte abschließen. Ich wollte auch, dass sich gewisse Menschen, die sich dafür interessieren, etwas haben, woran sie sich orientieren können. Dass sie eine authentische Schilderung dessen haben, was passiert ist.

Was wird aus Ihrer Sicht häufig falsch dargestellt?

Kampusch: In dem Buch kommt auch meine Kindheit vor. Viele kritisieren meine Mutter, aber sie sehen meine Mutter falsch. Im Buch wird ihnen erklärt, wie das Verhältnis zu ihr ist. Danach ist es eben nicht mehr verbreitbar, dass sie mich beispielsweise geschlagen hat oder dass sie total brutal gewesen ist. Und das mit der Gefangenschaft wollte ich auch einmal sagen. Ich wollte einfach, dass es mal von meiner Seite eine längere Aussage gibt. Etwas, das für sich steht.

Hat die Arbeit am Buch Ihre Sicht auf die Tat verändert?

Kampusch: Viele Erkenntnisse hatte ich schon vorher. Dass das Ganze mir viel genommen hat, dass da ununterbrochen Menschenrechtsverletzungen passiert sind - das war mir klar. Aber die Tragweite und Tragik dessen auf der Gefühlsebene ist mir erst durch das Buch klargeworden.

In ihrem Buch wird Wolfgang Priklopil durchgängig nur "Täter" genannt. Welche Bezeichnung haben Sie persönlich für ihn?

Kampusch: Es gibt eigentlich keine wirkliche Bezeichnung. Er hat sich das alles erzwungen, er ist nicht mit mir verwandt. Es war ja seine Tätigkeit - er war ja ein Verbrecher in Bezug auf mich. Deshalb finde ich Täter ganz gut, weil es auch so eine Distanz wahrt. Der Leser hat ja auch eine gewisse Distanz - und ich auch.

Meinen Sie, er hat ihre Entführung bereut?

Kampusch: Ich glaube schon, ihm ist gleich zu Beginn bewusst geworden, dass es eine ziemliche Last ist. Er dürfte am Anfang stark geschockt gewesen sein durch das, was er gemacht hat. Das dann zu sehen: Ein kleines Mädchen, das abhängig davon ist, dass er Essen holt. Und dass er meine ganze Familie ins Unglück gestürzt hat. Und dass es nicht einfach eine Idee ist, sondern dass es dann echte Tränen sind.