Fall Thijs H. in den Niederlanden Schickte Klinik psychotischen Tatverdächtigen vor Doppelmord weg?

Maastricht · Drei Menschen werden im Mai in den Niederlanden ermordet. Der 27-jährige Thijs H. gesteht die Tat. Seine Eltern wollten ihn wohl vor dem Doppelmord einweisen - doch die Klinik winkte ab.

 Der Kamperheideweg in der Brunssummerheide, wo im Mai zwei Menschen tot aufgefunden wurden.

Der Kamperheideweg in der Brunssummerheide, wo im Mai zwei Menschen tot aufgefunden wurden.

Foto: Leah Hautermans

Der Fall Thijs H. löst erneut eine Debatte um die psychiatrische Versorgung in den Niederlanden aus. Zwei Menschen wurden ermordet in der Brunssummerheide gefunden, eine weitere Frau in Den Haag. Der Tatverdächtige Thijs H. gab am ersten Prozesstag zu, am 4. Mai die Frau in Den Haag und am 7. Mai eine 63-jährige Frau und einen 68-jährigen Mann in der Brunssummerheide getötet zu haben. Er sei während der Taten psychotisch gewesen.

Kurz vor dem Doppelmord in der Brunssummerheide sollen Thijs H.s Eltern zweimal versucht haben, ihren Sohn wegen seines psychotischen Verhaltens einzuweisen. Niederländische Medien berichten, dass die Eltern an den zwei Tagen nach der Tat in Den Haag in der Notaufnahme einer Psychiatrie um Hilfe gebeten hätten: Thijs H. habe „besessenes Verhalten“ gezeigt, wies Verletzungen auf und würde seiner Umgebung Angst einjagen. Zwei Psychiater hätten jedoch versichert, es handele sich dabei nur um Nebenwirkungen seines neuen ADHS-Medikaments. Sie schickten die Familie nach Angaben der Zeitung AD wieder nach Hause.

Am Abend des 7. Mai, nach dem Fund der zwei Toten in der Heide, meldete sich Thijs H. selbst bei einer psychiatrischen Klinik in Maastricht und wurde aufgenommen. Nach zwei erfolgreichen Fluchtversuchen und einer öffentlichen Fahndung wurde er schließlich am 8. Mai festgenommen.

Angehörige der Opfer und Politiker fordern Klarheit

Angehörige der Opfer reagieren schockiert auf die Berichte. „Wenn tatsächlich keine Hilfe gegeben wurde, dann ist das sehr beunruhigend und enttäuschend“, lassen sie über ihren Anwalt verkünden. Wenn es Fehler gegeben habe, müsse das öffentlich gemacht werden, um daraus zu lernen und Wiederholungen zu verhindern.

Die betroffene psychiatrische Klinik äußert sich nicht zu den Medienberichten um die Ermittlungen nicht zu behindern und beruft sich auf die ärztliche Schweigepflicht. Schon zuvor war sie in Kritik geraten, da sich Mitarbeiter der Klinik erst bei der Polizei gemeldet hatten, nachdem der 27-Jährige zwei Mal aus dieser geflohen war – obwohl er am Abend des 7. Mai mit blutiger Kleidung dort erschienen sei.

Parteien der Zweiten Kammer fordern nun, dass die Regierung in die psychiatrische Versorgung eingreifen solle, um schwere Verbrechen zu verhindern. Es seien strukturelle Fehler, die dazu führten, dass Patienten keine oder zu spät Hilfe bekämen, kritisierte eine Politikerin der PvdA. Der Informationsaustausch müsse verbessert werden.

Die nächste Sitzung im Prozess um Thijs H. findet am 17. Dezember statt.