NRW-Universitäten vermarkten ihre Patente
Eine tolle Erfindung kann viel Geld bringen. NRW-Universitäten vermarkten deshalb ihre Patente.
Münster. Bei Daniel Düsentrieb, dem Cheferfinder in der Disney-Comicwelt, klang das alles immer so einfach. Sie brauchen einen Wunderwurm oder ein tragbares Loch? Bitte sehr: ein bisschen Holz in der Garage zusammengeschraubt, fertig ist die Erfindung.
In der Realität sieht das anders aus. Von der Idee bis zur Erfindung und dem Patent können Jahre vergehen. Und erst recht, bis damit Geld verdient werden kann. Auch an deutschen Universitäten führt so mancher Geistesblitz zu einem Patent — seit 2002 unterstützen zentrale Uni-Patentvermarktungsgesellschaften die Wissenschaftler. Die für die meisten NRW-Unis zuständige Gesellschaft Provendis hat schon mehr als 4000 Erfindungen entgegen genommen, daraus entstanden mehr als 1600 Patentanmeldungen.
Die erste Anmeldung kam aus Münster und war direkt ein Erfolg. Die „Easy Swallow Magensonde“ löst einen automatischen Schluckreflex aus und hilft damit vor allem Patienten mit Bewusstseinstrübungen — zum Beispiel nach einem Schlaganfall.
Vor dem Jahr 2002 stand ein Wissenschaftler mit seiner Erfindung ziemlich allein da. Er hatte das „Hochschullehrer-Privileg“. Er konnte seine Ergebnisse publizieren oder selbst vermarkten — und das ging nicht immer gut, wie Katharina Krüger, Patent-Scout an der Uni Münster, erzählt: „Die Idee, ein Schmerzmittel als Gel zu verabreichen, stammt von einem Professor aus Münster. Er hat diese Idee für 10 000 D-Mark an ein Pharma-Unternehmen verkauft, sich mit der Familie einen schönen Urlaub gegönnt — und ärgert sich heute vermutlich jedes Mal schwarz, wenn er eine Apotheke betritt und sieht, was aus seiner Erfindung geworden ist.“
Die Universität hatte damals mit den Erfindungen „gar nichts zu tun“, sagt Krüger, doch dann wurde das Gesetz geändert. Seit 2002 gehören die Erfindungen dem Arbeitgeber. „Damit waren die Universitäten aber erst einmal überfordert“, resümiert Krüger. Erst mit der Förderung von Patentscouts ab 2008 kam Bewegung in die Vermarktung von Ideen. „Patentscouts sind Bindeglied zwischen den Vermarktungsgesellschaften und den Forschern, sie sollen aber vor allen Dingen Forscher sensibilisieren“, erklärt Krüger. Denn nur, wenn eine Erfindung wirklich neu ist, kann sie als Patent vermarktet werden. Sobald in einem Vortrag, einem Aushang, einer Vorlesung oder einer Veröffentlichung schon über die neue Entdeckung gesprochen wurde, ist sie nicht mehr patentierbar.
„Es gibt immer noch Forscher, denen das nicht klar ist“, sagt Krüger. Sie prüft bei der Uni Münster zuerst, ob die Kriterien erfüllt sind. Hält dann auch Provendis nach nochmaliger Prüfung — auch unter wirtschaftlichen Kriterien — den Daumen hoch, dann kann die Uni die Erfindung zum Patent anmelden.
Die Kosten dafür trägt die Hochschule. Nationale Patentierungen kosten laut Krüger etwa 3000 Euro, internationale auch schon mal 25 000 Euro. Umso schöner, wenn das Patent dann der Uni Geld bringt. Und dem Forscher: Denn 30 Prozent des Bruttoerlöses stehen ihm zu, an Provendis gehen fünf bis 15 Prozent, der Rest fließt an die Universität.
Meinhard Knoll ist Professor am Institut für Physikalische Chemie und Centrum für Nanotechnologie der Universität Münster. Seine Ideen hat er schon vermarktet, als es noch keine Vermarktungsgesellschaften gab — und das Erfindertum noch einen leicht anrüchigen Charakter hatte. „Ist das seriös? Wir sind doch hier Wissenschaft“, ist er mal von einem Kollegen gefragt worden.
Zurzeit hat er wieder ein Patent vor der Marktreife - mehr als fünf Jahre nach einem Geistesblitz. Die Idee: ein selbstbeschreibendes Etikett für temperatur-sensible Produkte wie Lebensmittel oder Impfstoffe. Es zeigt an, ob die Kühlkette unterbrochen wurde und die Haltbarkeit gelitten hat.