NRWs erste Bombenentschärferin: Ein Arbeitsplatz mit Todesrisiko

Tanya Beimel ist die erste Bombenentschärferin in NRW.

Arnsberg. Ihr Titel nimmt fast die halbe Visitenkarte ein: „Fachtechnische Aufsicht in der Kampfmittelbergung Befähigungsscheininhaberin nach § 20 Sprengstoffgesetz“. Tanya Beimel ist Sprengmeisterin, die einzige Frau in diesem Beruf im nordrhein-westfälischen Staatsdienst. Seit dem 1. Juli hat sie schon vier Bomben entschärft. „Für mich ist das wie ein Sechser im Lotto“, sagt die 43-Jährige.

Mit Glück hat ihre Arbeit ansonsten wenig zu tun. „Wenn ich vor so einer Bombe stehe, ist meine Aufgabe relativ einfach: Es gibt zwei Möglichkeiten: entschärfen oder sprengen.“ Dabei gehe sie kein Risiko ein. „Wir machen nie etwas, wenn die Chancen 50 zu 50 stehen.“

Angespornt durch die Erzählungen einer befreundeten Kriegsreporterin und eine Reportage über die frühere Minenräumerin Vera Bohle meldete sich Beimel 2004 bei der Dresdner Sprengschule an.

Dort haben seit 1992 knapp 5000 Menschen eine Ausbildung zur Kampfmittelbeseitigung gemacht. „Vielleicht 15 davon waren Frauen“, sagt Beimels damaliger Dozent Bernd Lausch heute. „Das ist immer noch eine Männerdomäne.“

Der Familie hat die junge Frau zuerst nichts von ihrer Ausbildung erzählt. „Später hat meine Mutter gesagt: ,Mir wird ganz schlecht, kann das nicht jemand anderes machen?’“

Und Tanya Beimel selbst, hat sie manchmal Angst? „Keine Angst, nur Respekt“, versichert sie. Besonders Minen und kleine Munition wie Zwei-Zentimeter-Geschosse seien gefährlich. „Die haben ein filigranes Zündsystem. Wenn das verrottet ist, haben wir schneller ein Problem als mit einer soliden Bombe.“

Schwer berechenbar seien aber auch die Bomben mit chemisch-mechanischem Zünder. Folgendes Szenario: „Ich komme zu einer Baustelle, wo so eine Bombe gefunden wurde. Ich weiß nicht, ob sie bewegt wurde. Wenn ja, dann kann es sein, dass sich das Aceton schon durch die Celluloidplatte frisst“, erklärt Beimel. „Dann habe ich noch ein Zeitfenster von 30 Minuten bis zu 144 Stunden.“

2010 sind drei Kollegen von Beimel getötet worden, als so eine Bombe in Göttingen explodierte. Dennoch will die 43-Jährige ihrer Arbeit im Dienste der Bezirksregierung Arnsberg treu bleiben. Um ausreichend Beschäftigung muss sich Beimel keine Sorgen machen. „Wenn die Kampfmittelräumer in Deutschland im bisherigen Tempo weitermachen, haben wir im Westen noch Arbeit für 100 Jahre, in Ostdeutschland sogar für 300 Jahre.“