O.J. Simpson schuldig gesprochen

Das Urteil ist umstritten. Es drohen bis zu 30 Jahre Haft.

Las Vegas. Genau 13 Jahre nach seinem Freispruch vom Vorwurf des Doppelmordes an seiner Ex-Frau Nicole und deren Bekannten Ron Goldman saß Football-Legende O.J. Simpson wieder vor Gericht. Und wieder wurde ein sensationelles Urteil gesprochen. In Las Vegas ging Simpson das Glück aus. Dort wurde der 61-Jährige wegen Freiheitsentzugs und bewaffneten Raubüberfalls verurteilt.

Während viele Amerikaner über die Entscheidung der Geschworenen jubeln, sprechen andere von Lynchjustiz. Der "Jahrhundertprozess" gegen Orenthal James Simpson wird in die Annalen der Jurisprudenz eingehen. 1994 soll er seine ehemalige Frau Nicole vor deren Villa im kalifornischen Ort Brentwood niedergestochen und ihr die Kehle aufgeschlitzt haben.

Die Leiche des Kellners Ron Goldman, der Simpsons geschiedene Gattin nach einem Restaurantbesuch nach Hause begleitet hatte, wurde in einer Blutlache neben Nicole gefunden. Alle Beweise deuteten auf den Sportler und Schauspieler ("Die Nackte Kanone") hin.

In dem 12 Monate langen Prozess ging es damals um mehr als den Sturz einer Sportlegende. Denn für mehr als 80 Prozent der weißen US-Bürger bestand kein Zweifel an seiner Schuld. Die Entscheidung einer überwiegend aus Farbigen bestehenden Jury ist heute umstritten. Ein großer Anteil der Afro-Amerikaner aber war überzeugt, dass ihr "O.J." das Opfer eines von Weißen beherrschten Rechtssystems sei. In dem neuen Verfahren waren die Geschworenen Weiße.

Nach seinem umstrittenen Freispruch lebte Simpson in seiner Luxusvilla in Florida wie ein König. Am 13. September vergangenen Jahres aber brachen Simpson und fünf Komplizen in Las Vegas in ein Hotelzimmer eines Händlers ein, um Pokale, Trikots und andere sportliche Erinnerungsstücke zu beschlagnahmen, von denen Simpson behauptete, sie seien ihm gestohlen worden.

Zwei der Mittäter waren bewaffnet. Es kam zum Prozess gegen Simpson und seine Komplizen, die gegen den Star aussagten und dafür Strafmilderung zugesichert bekamen.

In Las Vegas kam die Jury zu einem anderen Urteil als 13 Jahre zuvor die Geschworenen in Los Angeles: Nach einem 13-tägigen Prozess brauchten sie exakt 13 Stunden, um O.J. Simpson zu verurteilen. Ihm droht nun eine Gefängnisstrafe von bis zu 30 Jahren. Das Strafmaß soll am 5. Dezember verkündet werden. "Das war ein Missbrauch der Justiz, um Rache zu üben" schimpft Simpsons Anwalt Yale Galander.

Anders sieht es die Familie des Mordopfers Ron Goldman. "Das nenne ich Gerechtigkeit" freute sich Gloria Allred, die Goldmans Interessen in dem Verfahren wahrgenommen hatte. "Gerechtigkeit kam zwar deutlich zu spät. Doch nun ist wenigstens sichergestellt, dass nicht O.J. Simpson, sondern das Gesetz das letzte Wort sprechen wird."