Olympia: Als die Soldaten Windeln trugen
Ob falsche Trachtenkinder oder äußerst gründlich getestete Hostessen – die Macher der Eröffnungsfeier waren wirklich einfallsreich.
Peking. Es war eine der Sequenzen, die haften blieb von der bombastischen Olympia-Eröffnungsfeier: die riesige Schriftrolle in der Stadionmitte, aus der sich wie aus einem Setzkasten mannshohe chinesische Schriftzeichen heraushoben.
Nach der erhabenen Inszenierung kommen dann plötzlich hunderte lachende Akteure unter den überdimensionalen Lettern hervor und winken erleichtert in die Kameras der Welt. Dass hinter dieser Erleichterung keinerlei erhabene Gründe steckten, verriet jetzt eine chinesische Tageszeitung.
Dem Bericht zufolge steckten unter den Riesen-Buchstaben nämlich 900 chinesische Soldaten - und das mehr als sieben Stunden lang. Um auch ja keinem Zuschauer Einblicke in die geplante Vorführung zu gestatten, wurden die Männer bereits gegen 14 Uhr unter der Schriftrolle platziert.
Diese Stellung durften sie bis zur Live-Show ab 20 Uhr unter keinen Umständen verlassen. Unter gar keinen. Und deshalb bekamen die Soldaten der Volksbefreiungsarmee Windeln verpasst. Nicht einmal eine Toilettenpause sollte den reibungslosen Ablauf der Olympia-Zeremonie stören. Eine nationales Großereignis verlangt halt vollen Körpereinsatz.
Das galt auch für die 200 Frauen, die bei der Eröffnungsfeier den Einmarsch der Athleten begleiten sollten. Wie chinesische Medien gestern berichteten, mussten sich die jungen Frauen beim Auswahlverfahren nackt ausziehen und vermessen lassen. So wollte das gestrenge Organisationskomitee sicherstellen, dass die Frauen über mindestens 1,66 Meter Körpergröße und andere Kriterien wie makellose Figur und jugendliche Erscheinung verfügten.
Ähnliche Schönheitsvorgaben hatten schon dazu geführt, dass die Olympia-Regie die siebenjährige Sängerin Yang Peiyi wegen vermeintlicher Hässlichkeit hatte doubeln lassen.
Täuschung war aber auch bei der niedlichen Parade von 56 Kindern aus allen chinesischen Minderheiten im Spiel: Statt kleiner Tibeter oder Uiguren ließen die Funktionäre im Stadion ausschließlich Kinder aus der Mehrheits-Volksgruppe der Han-Chinesen aufmarschieren - in Folklore-Kostümen.
Wang Wei, Vizepräsident des Organisationskomitees, konnte darin aber nichts Negatives erkennen: Die Harmonie der Völker Chinas sei doch auch so zum Ausdruck gekommen.