Fall Florian: Hohe Haftstrafen gegen Eltern von verhungertem Säugling
Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Eltern des verhungerten Säuglings Florian am Freitag wegen gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Frankfurt (Oder). Das Landgericht Frankfurt (Oder) hat die Eltern des verhungerten Säuglings Florian am Freitag wegen gemeinschaftlichen Totschlags durch Unterlassen zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt.
Gegen die heute 20-jährige Mutter verhängte die Kammer eine Jugendstrafe von sieben Jahren und gegen den 21-jährigen Vater ein Haftstrafe von zehn Jahren. Damit blieb das Gericht unter der Forderung der Staatsanwaltschaft, die den Eltern Mord durch Unterlassen vorgeworfen hatte.
Die Verteidiger hatten für die Mutter auf Totschlag durch Unterlassen und für den Vater auf fahrlässige Tötung plädiert. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.
Die Eltern hätten sich der vorsätzlichen Tötung ihres Kindes durch Unterlassen schuldig gemacht, sagte der Vorsitzende Richter in der Urteilsbegründung. Mord sei ihnen jedoch nicht nachweisbar. Nach Überzeugung der Kammer habe ein aus mangelndem Einfühlungsvermögen der Mutter und fehlender Durchsetzungskraft des Vaters resultierender Konflikt "in eine Katastrophe geführt".
Der Richter sprach von Gleichgültigkeit gegenüber dem Kind. Es sei auch zu vermuten, dass die in Frankfurt (Oder) lebenden Eltern den schwächer werdenden Jungen vor allem aus Angst vor sozialer Ächtung keinem Arzt vorstellten. Das sechs Monate alte Kind starb im Februar dieses Jahres.
Angaben der Angeklagten, den schlechter werdenden Zustand des Kindes nicht bemerkt zu haben, seien unglaubwürdig. Spätestens seit Weihnachten 2007 müsse den Eltern bewusst gewesen sein, dass ihr Sohn Hilfe brauche, sagte der Richter. Er verwies auf Fotos des toten Babys.
"Es sah schrecklich aus. So schnell wird man diese Bilder nicht vergessen." Der Säugling hatte zuletzt das Gesicht eines Greises und war bis auf die Knochen abgemagert, hieß es im Obduktionsbericht. Er wog bei seinem Tod weniger als zur Geburt.
Die Mutter habe die Versorgung des Kindes zunehmend ihrem Mann überlassen, hieß es. Als der Vater Arbeit fand, sei er davon ausgegangen, dass seine Frau diese Aufgaben übernimmt. Ausdrücklich besprochen worden sei das jedoch wohl nicht. Ein psychiatrischer Gutachter hatte den Angeklagten Reifedefizite bescheinigt. Beide hatten sich beim gemeinsamen Besuch einer Förderschule kennengelernt.
Das Gericht übte zugleich Kritik am Jugendamt Frankfurt (Oder). Es hatte die bei einer alkoholkranken Mutter aufgewachsene Angeklagte über mehrere Jahre betreut. Als es mit der Mutter zunehmend Streit gab, war die damals Minderjährige mit Wissen der Behörde zu einem 32 Jahre alten Mann gezogen und hatte dort mehrere Jahre gelebt.
Der Mann sagte als Zeuge vor Gericht aus, es habe auch eine sexuelle Beziehung gegeben. Gegen ihn ermittelt die Staatsanwaltschaft. Der Verteidiger der Frau kündigte zudem eine Strafanzeige gegen das Jugendamt wegen Beihilfe zum sexuellen Missbrauch an.