Papierkorb statt Toilette in der S-Bahn — im Notfall erlaubt
Die Bahn bestrafte einen Mitarbeiter, der einem Fahrgast helfen wollte. Ein Gericht gab dem Mann recht.
Düsseldorf. In mehr als 35 Jahren Dienstzeit hat sich Bundesbahn-Obersekretär Klaus O. nichts zuschulden kommen lassen. Bis zur Nacht auf den 19. September vergangenen Jahres. Da erlaubte der 53-Jährige einem Jugendlichen in der S-Bahn bei Wuppertal, in einem Papierkorb in der ersten Klasse seine Notdurft zu verrichten — denn die neuen S-Bahnen haben keine Toiletten mehr. Das brachte ihm ein Disziplinarverfahren und schließlich 100 Euro Buße ein. Dagegen hatte der Bundesbahner geklagt und bekam gestern vor dem Düsseldorfer Verwaltungsgericht recht.
Die Deutsche Bahn hatte argumentiert, dass der Mann gegen dienstrechtliche Bestimmungen verstoßen habe. Er sei verpflichtet, für Sicherheit und Sauberkeit zu sorgen. Das Gericht glaubte dem Beamten aber, dass es sich um einen absoluten Notfall gehandelt habe.
Durch sein Verhalten habe der 53-Jährige einen größeren Schaden für seinen Arbeitgeber verhindern wollen. Wie Klaus O. erklärte, habe er Angst gehabt, dass dem jungen Mann die Blase platzen könnte: „Ich konnte in dem Moment ja keinen Arzt holen.“ Noch nicht entschieden hat das Verwaltungsgericht darüber, ob die Versetzung des Mannes nach dem Vorfall berechtigt war.
Der Fahrgastverband Pro Bahn lobte den Bundesbahner: „Es ist positiv, wenn den Fahrgästen geholfen wird und schade, dass jemand bestraft werden soll, weil er Einsatz gezeigt hat“, sagte Sprecher Oliver Stieglitz. Zudem sollten S-Bahnen seiner Ansicht nach immer mit Toiletten ausgestattet werden.
Bestellt wurden die S-Bahnen bei der Deutschen Bahn vom Verkehrsverbund VRR. Sprecherin Sabine Thatzik: „Wir hatten den Auftrag ohne Toiletten ausgeschrieben, weil diese S-Bahnen nur für kurze Reisewege gedacht sind.“