PIP-Gründer in Luxusvilla seiner Freundin festgenommen
Die französische Justiz ermittelt gegen Jean-Claude Mas (72) wegen Verdachts der fahrlässigen Tötung und Körperverletzung.
Marseille. Auf diesen Tag haben Tausende Frauen gewartet. Am Donnerstagmorgen nahmen Fahnder der französischen Polizei Jean-Claude Mas (72), den Gründer des Brustimplantat-Unternehmens „Poly Implant Prothèse“ (PIP), in Polizeigewahrsam. Die Justiz ermittelt gegen ihn wegen des Verdachts auf fahrlässige Tötung und Körperverletzung. Muriel Ajello, Vorsitzende einer französischen Opfervereinigung, sagte: „Ich bin erleichtert“, sagte sie. Gleichwohl sei die Festnahme nur ein kleiner Erfolg. „Unser Kampf ist noch nicht zu Ende.“
Jean-Claude Mas, der seit fast zwei Monaten nicht mehr öffentlich gesehen wurde, hatte sich in der Luxusvilla seiner Lebensgefährtin in Six-Fours-les-Plages (Côte d’Azur) zurückgezogen. Die Polizisten klingelten Mas um sechs Uhr aus dem Schlaf und nahmen ihn nach einer Hausdurchsuchung mit aufs Revier. Auch der ehemalige PIP-Direktor Claude Cothy, die Nummer zwei der 2010 geschlossenen Skandalfirma, wurde festgenommen.
PIP hatte seit 1991 rund 500 000 Silikonkissen produziert, die weltweit vertrieben und hauptsächlich bei Schönheitsoperationen verwendet wurden. Tausende Frauen leiden unter starken Schmerzen, weil die Implantate undicht oder gar gerissen sind. Außerdem steht das minderwertige und nicht zugelassene Silikon im Verdacht, krebserregend zu sein. Allein in Frankreich sind 20 Frauen mit PIP-Kissen an Krebs erkrankt. Einen schlüssigen Beweis, dass das billige Industrie-Gel krebserregend ist, haben die Gesundheitsbehörden bislang aber noch nicht erbringen können.
Das Millionenvermögen, das Mas mit Hilfe des Industriesilikons gescheffelt hat, soll er längst ins sichere Ausland geschaffen haben. Er behauptet jedoch, von einer kargen Rente leben zu müssen. Möglicherweise wird ihm noch in diesem Jahr der Prozess gemacht.
Das Gesundheitsministerium in Düsseldorf gab bekannt, dass in NRW mindestens 500 Frauen die minderwertige Brustimplantate erhielten. Dies habe eine Abfrage bei den bislang bekannten 25 Krankenhäusern und Praxen ergeben, die die Produkte bezogen hatten. Die Zahlen seien ein „erstes Ergebnis“, teilte ein Ministeriumssprecher mit. „Es ist davon auszugehen, dass die Zahl der in Nordrhein-Westfalen betroffenen Frauen höher ist.“