Polen gedenken der Toten von Smolensk
Warschau (dpa) - Geteiltes Gedenken: Ein Jahr nach dem tödlichen Flugzeugabsturz des polnischen Präsidenten Lech Kaczynski überschattet der politische Streit in Polen die Gedenkfeiern für die 96 Opfer.
Pünktlich um 8.41 Uhr am Sonntag, dem Zeitpunkt der Katastrophe im russischen Smolensk, stellten Präsident Bronislaw Komorowski und Regierungschef Donald Tusk an einer Gedenktafel in der Militärkirche in Warschau Grabkerzen für die Toten auf.
Jaroslaw Kaczynski, der Zwillingsbruder des Verunglückten, legte zu diesem Zeitpunkt einen Blumenkranz vor dem Präsidentenpalast nieder. Dort versammelten sich rund 1000 seiner Anhänger, die Parolen gegen die Regierung riefen. Nach dem Unfall vor einem Jahr war an diesem Ort spontan ein einfaches Holzkreuz aufgestellt worden, an dem zehntausende Menschen Lech Kaczynski die letzte Ehre erwiesen.
Vertreter des liberalkonservativen Regierungslagers und die national-konservative Opposition von Jaroslaw Kaczynski wollen den gesamten Jahrestag der Katastrophe getrennt begehen. Präsident Komorowski wollte am Vormittag auf dem Friedhof Powazki der Opfer gedenken, wo sich ein Denkmal für die Toten befindet. Kaczynski will am Abend an einem Gedenkmarsch durch Warschau teilnehmen.
Das Flugzeug mit Lech Kaczynski, seiner Frau Maria und 94 weiteren Prominenten aus Politik, Militär und katholischer Kirche war am 10. April 2010 beim Landeversuch im dichten Nebel zerschellt, keiner der Insassen überlebte. Der Präsident war auf dem Weg nach Katyn gewesen, wo sowjetischen Einheiten während des Zweiten Weltkriegs tausende Polen ermordet hatten.
Jaroslaw Kaczynski gab Tusk und seiner Regierung die moralische Schuld für die Katastrophe. Er boykottiert die Staatsfeiern, die er als eine „Heuchelei“ bezeichnete.