Stahlwände sollen Pazifik vor Radioaktivität schützen

Tokio (dpa) - Am Atomkraftwerk Fukushima will der Betreiber Tepco mit Stahlwänden eine schlimmere Verseuchung des Pazifiks verhindern. Arbeiter begannen am Samstag, an einem Zulauf am Reaktorblock 2 Barrieren zu errichten.

Im 180 Kilometer nördlich gelegenen Kernkraftwerk Onagawa blieb die Lage ruhig. Dort war beim Nachbeben der Stärke 7,1 verseuchtes Wasser übergeschwappt. Nach den bisher heftigsten Erdstößen seit dem Mega-Beben vom 11. März waren am Samstag noch immer fast 270 000 Haushalte im Nordosten Japans ohne Strom. Die Zahl der Toten in Folge des Nachbebens stieg auf mindestens fünf.

Am Block 2 in Fukushima war tagelang hochgiftige Brühe unkontrolliert in den Ozean geströmt - bis das Leck nach mehreren gescheiterten Versuchen gestopft werden konnte. Doch die Sorge um den Pazifik bleibt.

Mit sieben Stahlplatten in den Maßen vier mal acht Meter will der Energiekonzern Tepco nun die Meerwasser-Ansaugleitung an dem Meiler umschließen und damit verhindern, dass sich weiter verseuchtes Wasser in den Pazifik ergießt. Der Zulauf war schon vor der Katastrophe vom 11. März zwecks Wartungsarbeiten mit Stahlplatten abgeschirmt worden. Der Tsunami hatte sie jedoch weggespült.

Tepco plant zusätzlich eine 120 Meter lange Barriere aus Schlamm. Der Wall soll nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur vom Meeresgrund bis zur Wasseroberfläche reichen.

Der verheerende Tsunami hat das Atomkraftwerk Fukushima mit einer bis zu 15 Meter hohen Welle getroffen. Das stellte Tepco anhand der Spuren auf dem Gelände fest. Damit war die Welle fast dreimal so hoch wie schlimmstenfalls erwartet.

Vom Atomkraftwerk Onagawa gab es zunächst keine neuen Meldungen. Die Anlage, die 180 Kilometer nördlich der Krisenreaktoren von Fukushima liegt, war beim kräftigen Nachbeben in der Nacht von Donnerstag auf Freitag getroffen worden. Einige Liter radioaktiv verseuchten Wassers schwappten aus Abklingbecken für Brennstäbe. Die Kühlung in den drei Reaktoren setzte bis zu 80 Minuten aus, Teile der externen Stromversorgung versagten.

Das Nachbeben forderte ein weiteres Menschenleben. Eine 84-Jährige, die unter Möbeln eingeklemmt worden war, starb in einem Krankenhaus in der Stadt Sendai. Die Zahl der Verletzten stieg auf 283, wie die Nachrichtenagentur Kyodo unter Berufung auf die Polizei in den sechs Präfekturen der Tohoku-Region meldete.

Immer wieder wird der Boden in Japan erschüttert - so auch am Samstag. Die US-Erdbebenwarte USGS registrierte zunächst zwei Beben der Stärke 5,4 mit Epizentrum vor der Ostküste. Stunden später wurde noch ein Beben der Stärke 6,1 verzeichnet. Von Schäden oder Verletzten wurde zunächst nichts bekannt.

Derweil bezogen in der verwüsteten Stadt Rikuzentakata die erste Überlebende der Erdbeben- und Tsunami-Katastrophe behelfsmäßig errichtete Häuser. Einer von ihnen ist Eiki Kumagai, dessen Bar von der gigantischen Wasserwalze weggespült worden war. „Ich bin glücklich“, sagte er der Agentur Kyodo. „Als nächstes werde ich nach neuer Arbeit suchen.“

Immer noch harren 150 000 Menschen in den 2400 Notunterkünften aus. Durch die Katastrophe vom 11. März starben wahrscheinlich fast 28 000 Menschen. 15 000 davon gelten weiter als vermisst.

In den Trümmern der vom Tsunami getroffenen Regionen finden die Japaner Bargeld in Millionenhöhe. Wie Kyodo berichtete, werden etwa in den Präfekturen Iwate und Miyagi täglich Hunderte Wertgegenstände bei der Polizei abgegeben, darunter Portemonnaies. Weil die Behörden es in den meisten Fällen für unmöglich halten, die Besitzer aufzuspüren, fordern Überlebende, das Geld zum Wiederaufbau zu verwenden.

Erstmals wollte sich ein Mitglied des japanischen Kabinetts am Samstag an der Atomruine Fukushima Eins ein Bild der Lage verschaffen. Mit seinem Besuch wolle Wirtschafts- und Industrieminister Banri Kaieda den unter Lebensgefahr schuftenden Technikern Mut machen, berichtete Kyodo.

Die Arbeiter füllen weiter Stickstoff ins Reaktorgehäuse von Block 1, um die Gefahr einer Wasserstoff-Explosion wie kurz nach der Havarie zu bannen. Der Nachrichtenagentur Jiji Press zufolge soll an diesem Sonntag eine international umstrittene Aktion abgeschlossen sein. Seit Tagen hatte Tepco Millionen von Litern leicht verstrahlten Wassers ins Meer gepumpt. Damit sollten Tanks frei werden, um dort wesentlich stärker verseuchte Brühe sicher speichern zu können.

Auf internationalem Parkett versucht die japanische Regierung, Ängste der Nachbarn vor radioaktiv belasteten Lebensmitteln zu zerstreuen. Produkte aus Nippon seien weiter sicher - mit dieser Botschaft reiste Außenminister Takeaki Matsumoto zu einem Ministertreffen der südostasiatischen Staatengemeinschaft ASEAN nach Jakarta.