Porträt: Der Herr der Zahlen wandelt auf abstrakten Ebenen
Porträt: Gert Mittring zieht die 137. Wurzel aus einer 1000-stelligen Zahl und hat im Rechnen 20 Weltrekorde aufgestellt.
Bonn. Gegen ihn hat selbst ein Computer keine Chance: Binnen 13,3 Sekunden zieht Gert Mittring die 137.Wurzel aus einer 1000-stelligen Zahl - aus Spaß. Und das ist nur einer von über 20 Weltrekorden, die der Rechenkünstler bislang aufgestellt hat. Besonders das Wurzelziehen hat es dem 42-Jährigen angetan: Der Bonner mit zwei Doktortiteln rechnet Formeln in einer Zeit aus, die andere brauchen, um sie zu lesen. Seit fünf Jahren ist er Weltmeister im Kopfrechnen.
"Ich habe mich nie als besonders intelligent gesehen. Im Mathematikunterricht habe ich mich nur darüber gewundert, dass die anderen so große Probleme mit den Aufgaben haben", erzählt der allgemein und mathematisch hochbegabte Dr. paed. Dr. phil. Gert Mittring.
Mit vier Jahren beherrschte er alle Grundrechenarten, mit zwölf entwickelte er eine Formel zur Berechnung von Wochentagen zu einem beliebigen Datum. Im Jahr 2005 holte er bei der "Mind Sport Olympiade" die volle Punktzahl in 20 Bereichen - ein einmaliges Ergebnis in der Geschichte dieser Olympiade. Seither darf er sich "Großmeister" im Kopfrechnen nennen.
In seiner Wohnung deutet nichts darauf hin, dass hier ein Rechengenie wohnt. Auf dem Bücherregal stehen Goethe und Schiller neben Harry Potter, eine bunte Polstergarnitur kontrastiert den klar strukturierten Arbeitsbereich am Fenster. Wenn nicht gerade das Telefon klingelt oder Mittring einer spontanen Eingebung folgend aufspringt, sitzt er da und spricht in rasender Geschwindigkeit von der "Ästhetik von Algorithmen" und von "lustigen Wurzelradizierungen".
"Am liebsten würde ich mich nur auf abstrakten Ebenen bewegen. Wenn die 11111. Wurzel einer 111111-stelligen Zahl elfstellig ist, dann amüsiert mich das." Ein leistungsfixiertes Wunderkind sei er nie gewesen: "Zur Schulzeit hatte ich in allen Fächern alle Noten", erzählt er. Sein Abitur besteht er mit einem Durchschnitt von 3,7.
Zwar fällt seine Begabung schon in Kindertagen auf, doch habe er den Aufforderungen, sich einem Intelligenztest zu stellen, "nie Bedeutung beigemessen". Erst mit 26 Jahren, als diplomierter Informatiker, holt er es nach. Das Ergebnis: Mittrings IQ liegt über der Grenze des Messbaren und wird auf 170 geschätzt - höher als bei mehr als 99 Prozent der Deutschen.
Statt gutes Geld in der Wirtschaft zu verdienen, promoviert Mittring in Heilpädagogik und Psychologie. "Den ganzen Tag am Computer zu sitzen, war für mich keine Perspektive", sagt er. Nun leitet Mittring eine testpsychologische Praxis zur Hochbegabtendiagnostik und wirbt auf Veranstaltungen für den "Spaß an kreativer Mathematik ohne Lerndrill".