Bätzing: Es ist okay, wenn man im Karneval ein Gläschen trinkt
Sabine Bätzing, Drogenbeauftragte der Bundesregierung, spricht im WZ-Interview über Cola, ihr rot-schwarzes Spinnenkostüm und betrunkene Jugendliche.
Berlin. Warum die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing (SPD), dienärrischen Tage ohne Alkohol übersteht. Ein Interview über GoethesTrinksprüche, Wein aus Rheinland-Pfalz und den Aschermittwoch.
Bätzing: (Lacht.) Um Gottes Willen, da war nichts los. Aber wenn ich aufTerminen bin und die Anfrage nicht ganz eilig ist, nehme ich mir die Zeitfür die Menschen. Ich hätte durchaus noch klare Sätze formulieren können.Übrigens fahre ich selber mit dem Auto zu meinen Terminen. Das bedeutetfür mich dann, gar nichts zu trinken.
Frage: Nüchterner Karneval - ist das nicht ein Widerspruch in sich?
Bätzing: Ich denke, zu Karneval gehört in einer gewisser Weise dazu, dassman feiert und auch ein Gläschen trinkt. Das ist in Ordnung. Ein Problemgibt es, wenn es zu maßlos wird.
Bätzing: (Lacht.) Ich habe Cola getrunken. Um wach zu bleiben.
Frage: Waren Sie kostümiert?
Bätzing: Ja, ich habe in diesem Jahr ein rot-schwarzes Spinnenkostüm.
Bätzing: Nein, mir ist es früher auch nicht passiert, dass ich michbesinnungslos betrunken hätte.
Bätzing: Ich bin nicht missionarisch unterwegs. Das ist auch gar nichtnötig. Die Karnevalsvereine unterstützen unsere Aktionen wie "Keine Kurzenfür die Kurzen", weil sie auch nicht wollen, dass sich 13-Jährige ins Komasaufen. Den Vereinen geht es schließlich darum, dass das Brauchtumgepflegt wird.
Bätzing: Ich kenne ihn, aber meine Sache ist es nicht. Ich muss fitbleiben, um am Mittwoch die Heringsessen zu besuchen.
Frage: Sie kommen aus Rheinland-Pfalz. Haben Sie schon mal versucht, ihrenMinisterpräsidenten vom nüchternen Karneval zu überzeugen?
Bätzing: Kurt Beck genießt genau wie ich auch mal sein Glas Wein. Wir sindhier in einem Weinland. Gegen ein guten Tropfen beim Essen ist ja auchnichts einzuwenden.
Frage: Alkohol ist offiziell ein legales Genussmittel. Zeigt der Karneval,dass Alkohol eine gesellschaftlich akzeptierte Droge ist?
Bätzing: Beim Karneval sieht man es ganz deutlich. Karneval ohne Alkoholist kaum vorstellbar. Aber auch an den närrischen Tagen ist dasJugendschutzgesetz nicht außer Kraft gesetzt. Es darf nicht sein, dasssich 13-Jährige an Tankstellen, in Kneipen oder Supermärkten mit Schnapsversorgen können.
Frage: Ist es nicht manchmal eine undankbare Aufgabe, als Sittenwächterinder Nation tätig zu sein?
Bätzing: Ich verstehe mich nicht als Sittenwächterin. Jeder erwachseneMensch muss selber wissen, was er tut. Es gibt von Erich Kästner denSpruch: "Leben ist lebensgefährlich." Aber mein Job ist es, aufzuklärenüber die Gefahren von Alkohol. Und Erwachsenen muss man gelegentlich insGedächtnis rufen, dass sie Vorbilder sind. Mark Twain hat gesagt: "Wirbrauchen unsere Kinder nicht zu erziehen, sie machen uns eh alles nach."
Frage: Was sind Kästner und Twain gegen den alten Goethe? Der meint: "FürSorgen sorgt das liebe Leben, und Sorgenbrecher sind die Reben." Irrt er?
Bätzing: Natürlich enthemmt Alkohol und lässt das eine oder andereleichter erscheinen. Aber Goethe hätte auch an den nächsten Tag denkenkönnen. Dann sind die Sorgen nämlich alle wieder da.