Saint Laurents Schätze: Alles soll raus
Pierre Bergé versteigert die Kunstsammlung seines Partners.
Paris. Alles soll raus - und Pierre Bergé weint seinen Schätzen keine Träne nach. "Ich werde bei der Beerdigung unserer Sammlung zusehen. Das wird interessant, aber nicht traurig", sagt der 79-Jährige, der 50 Jahre seines Lebens an der Seite des Pariser Modeschöpfers Yves Saint Laurent verbrachte.
Im vergangenen Juni war Saint Laurent, der sechs Jahre Jüngere, an einem Hirntumor gestorben. Und schon sechs Wochen später hatte Bergé die internationale Kunstwelt mit der Ankündigung in Aufregung versetzt, die Kunstsammlung, die das ungleiche Paar in 40 Jahren zusammengetragen hatte, auf den Markt werfen zu wollen.
Sich zu Lebzeiten von all diesen Kostbarkeiten zu trennen, wäre Saint Laurent wohl nie in den Sinn gekommen. Für ihn war diese Kunst lebenswichtig wie frisches Wasser, unverzichtbar für seine Inspirationen, aber auch ein Beruhigungsmittel gegen die Depressionen, die ihn zeitlebens peinigten. "Ich kann ohne all dies leben", sagt hingegen Bergé. "Die Sammlung verschwindet, aber die Werke leben anderswo weiter, bei anderen Sammlern."
Dass die Finanzkrise den Gesamterlös, den Bergé den diversen Stiftungen des Paares zukommen lassen will, drücken wird, ist Saint Laurents früherem Partner egal. Gleichmütig nimmt er hin, dass etwa Ferdinand Legers Gemälde "La Tasse de Thé" von 1921 statt der zunächst geschätzten 20 Millionen bei der dreitägigen Auktion in der kommenden Woche vielleicht nur für die Hälfte unter den Hammer kommt.
Wer zu den wenigen, gutbetuchten Auserwählten gehörte, die das Privileg hatten, die Sammlung in den Pariser Palästen Saint Laurents und Bergés oder ausgewählte Stücke in New York und London zu besichtigen, äußerte sich anschließend überwältigt.
"Magisch, mythisch, zauberhaft" - auch den Auktionsprofis von Christie´s, die nur noch schwer zu beeindrucken sind, stand vor Bewunderung der Mund weit offen. Das teuerste Gemälde dürfte wohl ein Stillleben Picassos zum Schätzwert von 25 bis 30 Millionen Euro sein.
Auch Christie’s hat sich nicht lumpen lassen, um dieser Auktion der Superlative einen würdigen Rahmen zu bieten. Das monumentale Pariser Grand Palais mit seiner gewaltigen Glaskuppel, für 300 000 Euro angemietet und für eine Million Euro dekoriert, bildet die Kulisse dieser Auktion, die am Ende - Krise hin, Krise her - noch immer 300 Millionen Euro in die Kassen spülen soll.
Ärger gibt es allerdings um zwei Kunstwerke der Sammlung, die aus China stammen. Eine Gruppe von rund 90 chinesischen Rechtsanwälten beantragte vor Gericht in Paris, den Verkauf der beiden Bronzeskulpturen zu unterbinden. Saint Laurent hatte sie vor 25 Jahren erworben. China macht nun ein Recht auf die Bronzeköpfe geltend, weil britisch-französische Truppen sie im zweiten Opiumkrieg 1860 in Peking gestohlen hatten.