Porträt: Keiner läuft schneller treppauf
Ein Schwarzwälder ist der Schnellste: In zehn Minuten bezwingt Thomas Dold das Empire State Building.
New York. Das Bild hat etwas Amüsantes: Ein junger Mann in kurzen Sporthosen hechtet durch das Treppenhaus des Frankfurter Main Towers, vorbei an verdutzten Anzugträgern mit Handy und Aktenkoffer. „Nein, nein ganz so ist es nicht“, wiegelt Thomas Dold (26) lachend ab. „Wenn ich trainiere, dann nur auf der Feuertreppe. Und da trifft man eher selten Leute.“
In den letzten Monaten hat der Baden-Württemberger oft trainiert. Ist von seinem Heimatort ins zweieinhalb Stunden entfernte Frankfurt gereist, hat dort die Treppen des Main Towers bezwungen und ist dann wieder nach Hause gefahren. Es hat sich gelohnt. Zum sechsten Mal in Folge hat Thomas Dold am Montag den Treppenlauf im Empire State Building in New York gewonnen. Zehn Minuten und zehn Sekunden hat er gebraucht, um die 1576 Stufen bis in den 86. Stock zu hinter sich zu lassen. Damit hat Dold seinen eigenen Rekord eingestellt und gleichzeitig den sechsten Sieg in Folge geholt.
Gefragt, wie er zum Treppenlaufen gekommen ist, erzählt Dold von seiner Kindheit, in der er Fußball spielte. Über einen Cousin kam er zum Laufen. „Wenn man im Schwarzwald wohnt, gibt es nur zwei Varianten zu laufen, entweder am Fluss hoch und runter oder in die Berge. Nachdem ich schnell keine Lust mehr auf den Fluss hatte, bin ich in die Berge. Als dann im Nachbarort die Deutschen Berglaufmeisterschaften ausgetragen wurden, war der erste Schritt schon getan.“ Vom Berglaufen war es dann nur noch ein weiterer Schritt zum Treppenlaufen.
Anfangs noch illegal trainierte er in den Hochhäusern seiner Umgebung. Heute darf er mit Ausnahmegenehmigung im Stuttgarter Fernsehturm trainieren — oder eben im Frankfurter Main Tower. 2005 nahm er erstmals am so genannten „Empire State Building Run Up“ in New York teil — und wurde Zweiter, mit einem halben Schritt Rückstand. Für den ehrgeizigen Sportler kein befriedigendes Ergebnis.
Er trainierte weiter, sammelte Erfahrungen und kam 2006 als Erster auf der Aussichtsplattform an. Seither hat ihn kein anderer Läufer mehr geschlagen.
Wettkampf-Treppensteigen ist allerdings nicht das einzige Hobby des 26-Jährigen. Wenn er nicht in Hochhäusern trainiert, übt sich Dold im Rückwärtslaufen. Und auch diese Disziplin beherrscht er erfolgreich. 2010 wurde er Weltmeister im Rückwärtslaufen. An die überraschten Blicke während des Trainings hat er sich gewöhnt, „meist laufe ich so schnell, dass die Leute nicht mehr zum Reden kommen, solange ich noch bei ihnen bin.“
Gewöhnt hat sich der passionierte Sportler auch an die Kommentare aus dem Freundeskreis. Wenn dort beispielsweise Umzüge anstehen, ist er ein gern gesehener Helfer: „Du bist ja im Training, was das viele Treppenlaufen angeht“, heißt es dann augenzwinkernd.