Prozess: Biologe überführt den Mafioso
Der mutmaßliche Planer des Duisburger Massakers steht in Italien vor Gericht.
Locri/Duisburg. Ein Vierteljahr ist es bereits her, dass der Prozess gegen den 31-jährigen Giovanni Strangio in dem kalabrischen Seebad Locri eröffnet wurde - der Pizzabäcker aus Kaarst gilt als Drahtzieher des sechsfachen Mafiamordes von Duisburg vor knapp drei Jahren. Im Prozess fügt sich nur stückchenweise ein blutiges Mosaik zusammen.
Was sich in dem Küstenstädtchen im Südosten Kalabriens abspielt, ist schon merkwürdig. Vor dem Geschworenengericht von Locri muss sich nicht allein der "planende Kopf" des Blutbades von Duisburg im August 2007 verantworten. Denn die Staatsanwälte dort hatten sich mit ihrem Antrag durchgesetzt, diesen mörderischen Höhepunkt der Familienfehde der ’Ndrangheta-Clans Pelle-Vottari und Nirta-Strangio in ein bereits laufendes Massenverfahren zu integrieren.
Also stehen 14 mutmaßliche Mafiosi aus der Verbrecherhochburg San Luca (das doch nur ein Dorf ist) vor Gericht. Und somit dreht sich nicht alles nur um Giovanni Strangio, auch wenn die Duisburger Bluttat als Rache für den Mord an seiner Cousine Maria Strangio an Weihnachten des Jahres 2006 gilt.
Als vor der Pizzeria "Da Bruno" sechs Italiener auf einer Straße im Kugelhagel umkamen, alarmierte dieses "Massaker von Duisburg" auch die deutschen Mafia-Fahnder. Zuvor hatte die Bundesrepublik eher als Rückzugsraum für Killer und mafiöse Geschäftemacher gegolten.
Die enge Zusammenarbeit italienischer und deutscher Fahnder führte schließlich auch zum Durchbruch. Zunächst also gingen Giovanni Strangio und Giuseppe Nirta in ihrem Unterschlupf in Amsterdam den Beamten ins Netz. Sie wurden an Italien ausgeliefert. Der mutmaßliche dritte Schütze Sebastiano Nirta kam erst im Februar hinter Gitter.
Auch wenn das Verfahren kaum Schlagzeilen macht, so kommt es doch nach und nach voran. Eine frische DNA-Analyse des Feldwebels der Carabinieri in Messina, Biologiefachmann Giancarlo Maugeri, hat dies nun bestätigt: Der genetische Fingerabdruck des Hauptangeklagten ist identisch mit einigen Spuren in einem Renault Clio, den die Täter von Duisburg der Anklage zufolge benutzt haben. Auch Schießpulver spürten die Fahnder auf, als sie das in Belgien gefundene Auto inspizierten.
Ein deutscher Ballistik-Experte berichtetet den Geschworenen in Locri, diese Spuren seien "kompatibel" mit dem, was man an dem Tatort in einer Patronenhülse gefunden habe. Zudem will eine Duisburgerin Strangio vier Tage vor der Tat ganz in der Nähe gesehen haben.
Doch "peccato", wie der Italiener sagt: schade, dass während des sechsfachen Mordes keine Überwachungskamera an diesem kleinen Platz direkt auf das Geschehen gerichtet war, wie ein Polizeiinspektor aus Duisburg den Geschworenen erklären musste. Festgehalten hatten die Kameraaugen in der Nähe des Lokals nur einen etwa 1,75 Meter großen Mann mit Hut, dem da etwas aus der Jacke hervorlugte. Doch das war Stunden vor dem Blutbad.
Noch gibt es viel zu klären in dem Prozess, der auf den Mord an Maria Strangio zu Weihnachten 2006 zurückgeht: Eine schon alte Blutfehde war so neu ausgebrochen. Und mit Marco Marmo starb in Duisburg einer der Männer, die Maria an jenem unheiligen Abend getötet haben sollen.