Prozess: Die Leiden des jungen Marco

Porträt: Der Prozess gegen Marco aus Uelzen ist erneut vertagt. Der 18-Jährige leidet noch immer an den Folgen der UHaft.

Uelzen. Er kann mit der ganzen Sache gedanklich noch immer nicht abschließen. Das Schwurgericht in der türkischen Stadt Antalya hat den Prozess gegen Marco aus Uelzen am Freitag erneut nach wenigen Minuten vertagt - auf den 26. November.

Das Gutachten, das die Frage klären soll, ob dem angeblichen Missbrauchsopfer Charlotte sexuelle Gewalt angetan wurde, lag noch immer nicht vor. Marco nahm an der Verhandlung nicht teil.

Dem 18-Jährigen wird vorgeworfen, sich im Osterurlaub 2007 an der Britin vergangen zu haben. Er war damals 17 Jahre alt, sie 13. Er bestreitet die Vorwürfe und spricht von einvernehmlichen Zärtlichkeiten auf dem Zimmer des Mädchens, die sich als 15-Jährige ausgegeben haben soll.

Nach einer Anzeige von Charlottes Mutter am 12. April 2007 klickten in Marcos Urlaubshotel in Side die Handschellen. Acht Monate saß er im türkischen Gefängnis in Untersuchungshaft.

Diese Zeit hat Spuren hinterlassen. Sein Vater Ralf Jahns sprach mit "Welt Online" über Marcos Zustand. "Rein körperlich hat sich Marco bis auf die Tatsache, dass er von ständigen Infekten geplagt wird, von den Strapazen der Haft erholt."

Aber das Erlebte hole ihn immer wieder ein. Jeder neue Gerichtstermin sei eine psychische Belastung für den Jugendlichen, auch wenn er nicht selbst erscheinen müsse. "Er ist dann völlig durch den Wind." Ihn plagten Albträume und Verzweiflung. "Dieser nicht enden wollende Schwebezustand ohne juristischen Endpunkt ist für uns alle nervenaufreibend und belastend", sagte Jahns.

Marco befindet sich in ärztlicher Behandlung, um seine traumatischen Erlebnisse verarbeiten zu können. "Sein Glaube an Gerechtigkeit ist doch arg strapaziert", sagte sein Vater. Er fürchtet, dass sich sein Sohn von dem, was er erlebt hat, nie vollständig erholen werde. Auch die anhaltende öffentliche Aufmerksamkeit an seinem Fall mache ihm zu schaffen, sagen seine Anwälte.

In einem Exklusivinterview, das Marco direkt nach seiner Haftentlassung im Dezember bei RTL gab, wirkte er noch ganz locker. "Es ist ein wunderschönes Gefühl, wieder in Deutschland zu sein", meinte der frierende Schüler bei einem Spaziergang in der Kälte. Doch anscheinend ahnte er schon damals trotz der großen Erleichterung über die Haftverschonung, dass die Verarbeitung der Erlebnisse nicht ganz einfach werden würde.

"Es war eine sehr schwere Zeit und ich brauche jetzt erst einmal sehr viel Ruhe", sagte er. "Ich bin, glaube ich, immer noch genau so wie vorher, aber ich habe sehr viele Sachen neu hinzu gelernt."

Trotz allem, was er erlebt hat, versucht Marco, sein Leben so normal wie möglich weiterzuführen. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland wurde ihm trotz der versäumten Schulzeit der Realschulabschluss zuerkannt. Inzwischen besucht er eine Fachoberschule und macht ein Praktikum in einem Elektrofachmarkt.