Rauchverbot: Letzter Zug um Mitternacht
In der Düsseldorfer Kneipe „Zicke“ haben sich die Gäste trauernd vom Rauch verabschiedet.
Düsseldorf. Nein, Reinhard Meys Abschiedsgruß "Gute Nacht Freunde" klingt nicht aus den Lautsprecherboxen, obwohl das Lied wie kaum ein anderes zum Anlass gepasst hätte:
In der Düsseldorfer Szene-Kneipe Zicke wird um Mitternacht zum 1. Juli feierlich-wehmütig der Kneipen-Raucher "Smoky" zu Grabe getragen - ab jetzt gilt das Rauchverbot in allen NRW-Kneipen.
Zicke-Geschäftsführer Jürgen Wahl und die Gäste sehen das Nichtraucher-Schutzgesetz mit gemischten Gefühlen. "Die Vielfältigkeit und die Gemütlichkeit der Eckkneipen werden kaputt gehen", prophezeit Nichtraucher Wahl.
"Die Zicke gibt’s seit 26 Jahren. Sie hat stets ihr ganz eigenes Flair und ihren ganz eigenen Stil gehabt - das wird jetzt wohl ganz anders."
Laufkundschaft ist in der Zicke eher die Ausnahme, die allermeisten Gäste sind Stammgäste. Und von denen sind nach Schätzungen von Wahl "mindestens 75 bis 80 Prozent" Raucher.
Wahl: "Die werden sich jetzt umstellen müssen. Aber ob das der Atmosphäre und der Kommunikation in der Kneipe gut tut, wage ich zu bezweifeln."
Das weiß auch Rechtsanwältin Antje Bussmann (42), Nichtraucherin und Stammgast in der Zicke: "Ich bin privat häufig in Niedersachsen, wo das Rauchverbot bereits seit längerem in Kraft ist. Da ist seitdem die Kommunikation in den Kneipen wesentlich schlechter geworden und findet letztlich nur noch draußen vor der Türe statt."
Einschränkungen für die Gespräche in der Kneipe befürchtet auch Diane Ferkinghof (47). Die gebürtige Neuseeländerin: "Ich bin eigentlich für das Rauchverbot in Gaststätten. Aber mein Mann ist starker Raucher, und die meisten unserer Freunde und Bekannten rauchen ebenfalls.
Ich bin es also gewöhnt, mit Rauchern zusammen zu sitzen. Aber wenn jetzt das Rauchverbot da ist und alle irgendwann rausgehen um zu rauchen, dann säße ich plötzlich allein am Tisch - das ist ja auch keine Lösung."
Der Mediendesigner Tibor Szekessy (37) ist mit dem Nichtraucherschutzgesetz ebenfalls unzufrieden: "In Restaurants ist das Nichtrauchen völlig OK. Aber dieses Gesetz gibt der bestehenden Kneipenkultur keine Chance.
Ich hätte eine Lösung wie in Spanien wesentlich besser gefunden: Da können die Wirte bis zu einer gewissen Betriebsgröße selbst entscheiden, ob geraucht wird oder nicht."
Auch Zicke-Barkeeper Jonas Berg (24) hält das Gesetz für "Blödsinn": "Ich habe noch nie geraucht, aber ich finde, dass eine Zigarette zu einem gemütlichen Kneipen-Abend einfach dazugehört."
Sein ganz persönlicher Protest: Um kurz vor Mitternacht raucht der Nichtraucher hüstelnd eine Solidaritäts-Zigarette.
Selbst der überzeugte Nichtraucher Peter van der Heusen (40) vom John-C.-Marshall-Trio, das die "Smoky-Begräbnisfeier" in der Zicke musikalisch umrahmt hatte, sieht das Rauchverbot mit durchaus gemischten Gefühlen: "Gerade als Saxophonist finde ich rauchfreie Luft natürlich gut. Aber für die Atmosphäre während des Auftritts ist das dann doch eher schlecht."