Rente is’! Die Wiesn-Chefin tritt ab
Am Samstag eröffnet Gabriele Weishäupl zum letzten Mal das Oktoberfest. 26 Jahre hat sie gesagt, wo es langgeht.
München. Sie setzt sich notfalls gegen murrende Wirte und eigenwillige Stadträte durch, kämpft für Tradition und Fortschritt gleichermaßen: Mehr als ein Vierteljahrhundert hat Oktoberfest-Chefin Gabriele Weishäupl das größte Volksfest der Welt geleitet.
Dieses Jahr wird Deutschlands derzeit dienstälteste Tourismus-Chefin die Wiesn zum letzten Mal leiten: 2012 wird Weishäupl 65.
Am kommenden Samstag wird sie wieder im Dirndl — ihrer „Berufskleidung“ — in der Anzapfbox stehen, wenn Oberbürgermeister Christian Ude (SPD) pünktlich um 12 Uhr das erste Fass Bier anzapft, die Maß dem Ministerpräsidenten reicht und das Fest eröffnet.
In all den Jahren hat Gabriele Weishäupl die Entwicklung des Volksfestes entscheidend geprägt. Sie führte Familientage ein, kämpfte gegen Ballermann-Stimmung und brachte die Ökologie auf die Theresienwiese. So wird etwa Spülwasser in manchen Zelten für die Toilettenspülung „zweitverwertet“, und viele Fahrgeschäfte wirbeln mit Ökostrom durch die Lüfte.
Zugleich setzte die Festleiterin einen Schwerpunkt beim Brauchtum. „Das menschliche Gesicht der Wiesn muss bleiben, der historische Bezug muss erhalten werden, Abzocke muss abgewehrt, der grenzenlosen Vermarktung Einhalt geboten werden“, verlangt die Vizepräsidentin des Deutschen Tourismusverbands für die Zukunft.
Weishäupl, die unter anderem den Bayerischen Verdienstorden und das Bundesverdienstkreuz am Bande erhielt, ging bewusst weg vom Bier- und Brezn-Image, setzte mit Geschichte und Kultur einen anderen Schwerpunkt.
In diesem Jahr hat sie das „Blaue Jahr“ ausgerufen: Wegen des 125. Todestags des sagenumwobenen „Märchenkönigs“ Ludwig II, der blau so sehr liebte, und wegen des 100. Geburtstags der Künstler-Gruppierung „Blauer Reiter“ um August Macke, die 1911 in München gegründet wurde.
Als die Wiesn-Chefin schon vor Jahren für die Festzelte niedrigere Dezibel-Werte und traditionellere Musik verlangte, muckten die Wirte erst auf — und fügten sich dann doch. „Es sind bayerische Bierzelte — wir wollen keine Diskotheken-Mentalität“, sagt Weishäupl.
Als Parteilose hatte sich die promovierte Kommunikationswissenschaftlerin 1985 bei der Wahl zur Tourismus-Chefin im Stadtrat gegen den Widerstand von CSU und Grünen durchgesetzt — gegen 40 männliche Mitbewerber. Sie wurde die erste Frau in einer Spitzenstellung in der Stadt München.
Wer ihr Erbe antritt, ist noch offen. Für Weishäupl ist es mehr als ein Amt. „Es ist eine Verpflichtung, der man mit Herz, Mut und Leidenschaft nachkommen muss.“