Roger Cicero: Beim Klavierunterricht gestreikt

Interview: Roger Cicero fährt am 12. Mai zum Grand-Prix nach Finnland, am 25. Mai tritt er bei der Düsseldorfer Jazz-Rally auf.

Düsseldorf. Herr Cicero, Sie stammen aus einem klassischen Musikerhaushalt, Ihr Vater war der berühmte Jazzpianist Eugen Cicero. War es von Anfang an klar, dass Sie Musiker werden?Cicero: So klar war das nicht. Meine Eltern haben es zwar versucht, mich mit vier Jahren in den Klavierunterricht zu stecken. Da habe ich aber gestreikt und mit fünf schon wieder aufgehört. Die nächsten Jahre wollte ich mit Musik nichts mehr zu tun haben. Erst mit zehn Jahren hatte ich wieder Gitarrenunterricht. Was war da plötzlich anders?Cicero: Mein Lehrer hat mit mir gleich Lieder einstudiert. Ich konnte gerade mal zwei Akkorde greifen, da hat er mir das erste Stück beigebracht. Ich habe auch dazu gesungen. Und das hat meine Leidenschaft geweckt. Wollten Sie mal gegen das Elternhaus rebellieren? Sie hätten doch auch Anwalt werden können.Cicero: Nein, Anwalt wollte ich nicht werden. Aber es gab eine Phase, in der mein Vater das gerne gesehen hätte. Eigentlich hat er mir davon abgeraten, Musiker zu werden. Ihre Texte ironisieren Geschlechterklischees, von denen man eigentlich dachte, sie seien vom Tisch.Cicero: Ich glaube nicht, dass das jemals vom Tisch sein wird. Solange es Männer und Frauen gibt, bleibt das bestehen. Wie war das denn bei Ihnen zuhause?Cicero: Mein Vater war eher so ein klassischer rumänischer Macho. Meine Mutter hatte zwar zuhause das Ruder in der Hand, aber er sah das natürlich anders. Haben Sie von ihm etwas übernommen?Cicero: Seinen Humor, glaube ich. Der sich wie äußert?Cicero: Es ist eine Mischung. Ich schätze zwar den nordischen trockenen Humor. Mein Vater war aber eher der laute Typ. Man bezeichnet sie häufig als Crooner. Können Sie erklären, was dieser Begriff bedeutet?Cicero: Erst mal vorab, ich sehe mich nicht als Crooner. Denn ein Crooner ist eigentlich ein Sänger, der sich dadurch auszeichnet, dass er in jeder Tonlage gleich singt, also im positiven Sinne. Er hat immer die gleiche Klangfarbe, egal ob er hoch oder tief singt. Und das Ganze muss mit einer großen Lockerheit passieren. Michael Bublé beispielsweise ist für mich ein klassischer Crooner. Was sind Sie dann?Cicero: Bei mir sind soulige Einschläge sehr stark vertreten, wahrscheinlich, weil ich früher ja auch schon viele Jahre Jazz gesungen habe. Deswegen bin ich auch kein Crooner. Wenn’s nach oben geht, gebe ich richtig Gas. Am 12. Mai treten Sie beim Eurovision Song Contest in Helsinki für Deutschland an. Haben Sie die Konkurrenten schon gehört?Cicero: Ja, gerade gestern. Da habe ich eine DVD mit allen 42 Beiträgen bekommen. Auch wieder etwas ähnlich Aufsehenerregendes wie die Vorjahresgewinner Lordi?Cicero: Das ist schwer zu sagen, weil es fast ausschließlich die Videos waren und keine Bühnenshows. Rechnen Sie sich Chancen aus?Cicero: Ich mache keine Prognosen, weil es von dem einzigen, was man beeinflussen kann, total ablenkt, nämlich dem eigenen Auftritt. Ich halte das wie beim Vorentscheid: Ich werde hingehen und mich auf meinen Auftritt konzentrieren.

Roger Cicero

Werdegang Geboren 1970 in Berlin als Sohn des Jazzpianisten Eugen Cicero (1940-1997), tritt er bereits mit elf Jahren im Vorprogramm von Helen Vita auf. Er studiert Jazzgesang an der Amsterdamer Hochschule der Künste. Im Mai 2006 erscheint sein erstes Soloalbum "Männersachen", das mittlerweile Platinstatus erreicht hat. Im März erhält er dafür den Echo.