Rote Lippen soll man küssen - Der Lippenstift feiert Geburtstag

Der Lippenstift wird 130. Ihn zu benutzen, galt zunächst als anrüchig. Hildegard Knef verhalf ihm zum Durchbruch.

Berlin. Er gilt als meistverkauftes Schönheitsprodukt der Welt und ist aus den Handtaschen vieler Frauen nicht wegzudenken: Der Lippenstift feiert sein 130-jähriges Jubiläum. Bei der Weltausstellung in Amsterdam im Mai 1883 wurde die Farbe erstmals in Stift-Form präsentiert.

Doch der Lippenstift galt zunächst als anrüchig, nur Tänzerinnen und Huren schminkten sich damit — die berühmte französische Diva Sarah Bernhardt gab ihm sogar den Beinamen „Stylo d’Amour“ („Stift der Liebe“). Zudem war der kleine Stift anfangs nahezu unbezahlbar und absoluter Luxus. Erst mit der Verbreitung des Stummfilms in den 1920er Jahren wurde der Lippenstift populärer.

Der vollständige Durchbruch in Westdeutschland kam nach dem Krieg, als die Amerikaner den Drehlippenstift mitbrachten und die Schauspielerin und Sängerin Hildegard Knef für den „Volkslippenstift“ für schlappe 1,50 Mark warb. „Hilde sagte immer zu mir: Mach mir mal Farbe auf die Lippen, damit ich weiß, wo vorne ist“, erzählt René Koch, Visagist und Besitzer des Lippenstiftmuseums in Berlin.

Seitdem hat der Lippenstift eine erstaunliche Karriere gemacht: 78 Prozent der deutschen Frauen benutzen ihn einer Umfrage zufolge. „Eigentlich ist der Lippenstift derzeit populärer denn je“, sagt Koch. „Er ist die sanfte Waffe der Frau, ein kleiner Zauberstab der Emanzipation.“

Schon vor Tausenden von Jahren malten einflussreiche Frauen wie Nofretete oder Kleopatra ihre Lippen rot an. Damals wurde die Farbe noch in kleinen Döschen aufbewahrt und mit dem Finger oder Pinsel aufgetragen. Zwei Franzosen versetzten die Pomade dann mit Hirschtalg und Bienenwachs und präsentierten sie — unhandlich mit Seidenpapier umwickelt — in Stift-Form bei der Weltausstellung in Amsterdam, die am 1. Mai 1883 eröffnet wurde.

Pünktlich zum Jubiläum feiert in diesem Jahre knallroter Lippenstift sein Comeback. Auch im Nobelkaufhaus Galeries Lafayette in Berlin gehören Lippenstifte in unzähligen Rot-Nuancen zur Produktpalette. „Rot kommt ganz massiv“, sagt eine Verkäuferin. „Es kommen heute deutlich mehr Männer zu uns, die gezielt nach einem roten Lippenstift für ihre Frau oder Freundin suchen“, ergänzt eine Kollegin.