Schaltjahr: Nur alle vier Jahre ein Feier-Tag

29. Februar: Rund 55000 Deutsche haben heute Geburtstag – ein besonderes Glück.

Düsseldorf. Für seinen Geburtstag oder die Hochzeit würde sich wohl kaum jemand einen Tag aussuchen, der nur alle vier Jahre auf dem Kalenderblatt erscheint. Menschen mit "zu wenig Geburtstagen" seien nicht glücklicher als "arme Teufel, die der Väter zu viele haben", sagte im Schaltjahr 1796 der Aphoristiker und Physiker Christoph Lichtenberg in seinem Essay "Trostgründe für die unglücklichen, die am 29sten Februar geboren sind".

Wie viele Menschen in Deutschland an einem 29. Februar geboren sind, lässt sich nicht genau bestimmen. Das Statistische Bundesamt in Wiesbaden hat nur Zahlen zu "Lebendgeborenen nach Monaten" parat, nicht aber die Anzahl der Geburten an jedem Tag.

Dennoch lassen sich im Vergleich der Februar-Monate mit und ohne Schalttag Hochrechnungen anstellen. Danach dürfte es in Deutschland rund 55000 Schalttagskinder geben, weltweit sollten es vier Millionen sein. Aber trostbedürftig scheinen sie nicht zu sein. Für viele ist es etwas besonderes, ein Schalttagskind zu sein.

Die Schalttags-Regelung gibt es, weil die Natur und unser Kalendersystem nicht perfekt harmonieren. Bis die Sonne erneut im sogenannten Frühlingspunkt steht, dauert es 365,2422 Tage. Liefe der Kalender jahrein jahraus mit glatten 365 Tagen, würden sich die Jahreszeiten durch den natürlichen Überhang verschieben. Das hatten schon die Römer vor Christi Geburt bemerkt und das Schaltjahr für alle vier Jahre festgelegt - es fing mit 0,25 zusätzlichen Tagen die natürliche Differenz von 0,2422 Tagen schon annähernd korrekt auf.

Im 16. Jahrhundert hatte sich die verbleibende minimale Abweichung aber bereits zu Tagen summiert. Papst Gregor XIII. schickte sich an, die erfolgte Verschiebung auszubügeln. Er verfügte 1582 einfach, dass auf den 4.Oktober sofort der 15. folgte. Und um die Ungenauigkeit für kommende Generationen zu mindern, führte er die nach ihm benannte "Gregorianische Kalenderreform" ein. Sie hielt an der Faustregel fest, dass es alle vier Jahre ein Schaltjahr geben muss. Zusätzlich bestimmt eine mathematische Regel aber, dass manche Schalttage entfallen. Damit ist der Kalender bis auf ein Dreitausendstel genau.

Käthe Büker (80), immer noch aktive Wirtin in Düsseldorf, hat heute ihren 20. Geburtstag : "Ich feiere immer am 28. Februar in den nächsten Tag hinein, gleich welches Datum der hat. Lange Zeit habe ich meinen Geburtstag überhaupt nicht gefeiert, sondern als gute Katholikin meinen Namenstag am 25. November. Erst mein Mann hat das geändert. Heute werde ich trotz des Festes arbeiten, am Abend kommen aber rund 60 Gäste in meine Gaststätte. Meine Sohn hat noch eine ganz besondere Überraschung für mich parat." fk

Alfred Henschel (44), Schreiner aus Mettmann, feiert seinen elften Geburtstag: "Im Schaltjahr wird der Geburtstag ganz besonders gefeiert. In den anderen Jahren feiere ich am 28. Februar, ich bin ja nicht im März geboren. Manche Bekannte rufen aber erst am 1.März an, weil man ja nicht vorfeiern soll. Ich fühle mich nicht benachteiligt, dass es meinen Geburtstag nur alle vier Jahre auf dem Kalender gibt. Wenn andere mein Geburtsdatum hören, stutzen sie, dann fällt ihnen doch das Besondere daran auf." mhs

Benjamin Mutlu (12), Gymnasiast aus Krefeld, feiert heute seinen dritten Geburtstag: "In den anderen Jahren feiere ich am 1. März, am 28.Februar war ich ja schließlich noch nicht da. Dass ich an einem besonderen Tag zur Welt gekommen bin, wurde mir erst mit dem ,zweiten’ Geburtstag klar. Da durfte ich meine ganze Klasse einladen - und ich bekam acht Kuchen, jeder mit einer Kerze. Wenn sich jemand über das Datum lustig macht, sage ich nur, dass ich schon mit drei Jahren auf dem Gymnasium bin." mhs

Hintergrund Alle vier Jahre hat der Kalender ein zusätzliches Datum: den Schalttag 29. Februar. Auch 2008 ist ein Schaltjahr. Der Einschub ist nötig, weil die Erde 365,2422 Tage für einen Lauf um die Sonne braucht. Ohne Schalttag würde sich also das Datum im Kalender jedes Jahr um fast einen viertel Tag gegenüber der Jahreszeit verschieben: Nach etwa 350 Jahren wäre im Dezember Frühlingsanfang.

Schon die Ägypter kannten das Problem. Pharao Ptolemaios III. ordnete 238 vor Christus im Dekret von Kanopus für jedes vierte Jahr einen Schalttag an. Etwa 200 Jahre später übernahm Cäsar das für seinen Julianischen Kalender. Doch auch mit dieser Korrektur war das Kalenderjahr noch elf Minuten und 46 Sekunden länger als ein Sonnenjahr. Nach 128 Jahren summiert sich diese Differenz zu einem ganzen Tag. 1582 passte Papst Gregor XIII. den Kalender der Wirklichkeit an. Er lies zehn Tage ausfallen, auf den 4. folgte der 15. Oktober. Außerdem strich er im bis heute geltenden Gregorianischen Kalender einige Schaltjahre. Sogenannte Säkularjahre am Jahrhundertanfang, deren Zahl nicht durch 400 teilbar ist, haben darum keinen längeren Februar mehr. So waren 1800 und 1900 also keine Schaltjahre, wohl aber 2000.

Tipp Für alle, die nicht wissen, wann sie feiern sollen, hat Heinrich Hemme, Maschinenbau-Professor in Aachen, eine Lösung ausgetüftelt: Beim Termin für die Feier kommt es auf die Geburtsstunde an. Da das tatsächliche Jahr knapp 0,25 Tage mehr als das Gregorianische mit 365 Tagen hat, müssen die Geburtstagskinder diesen Viertel-Tag in den anderen drei "Gemeinjahren" jeweils dazu rechnen. Kurz nach Mitternacht geborene bleiben reine Februar-Kinder. Wer spät abends am 29. Februar zur Welt kam, wird in den drei folgenden Jahren am 1. März feiern. Dazwischen gibt es Abstufungen.

Resonanz Diese Rechnung, die Hemme in einem Kalender zusammengetragen hat, sei nur eine einfache mathematische Spielerei gewesen. Doch die Formel stieß auf rege Resonanz, die Leute meldeten sich aus Neugier oder Unsicherheit über den richtigen Feier-Tag. "Als der Kalender ’rauskam, bekam ich in kürzester Zeit um die 1000 E-Mails."