Schornsteinfeger-Zwillinge bekommen Konkurrenz
Sandra und Tordis Baum aus Remscheid hoffen auf die Treue ihrer langjährigen Kunden.
Remscheid. Mit Glück haben die Zwillinge Sandra und Tordis Baum (30) nicht viel am Hut — oder besser gesagt am Zylinder. Die beiden Schornsteinfegerinnen aus Remscheid setzen lieber auf Fachwissen und Fleiß. Das gilt besonders angesichts des neuen Schornsteinfeger-Handwerksgesetzes, mit dem 2013 erstmals Wettbewerb in den Markt einzieht. Die Branche muss umdenken.
Bisher herrscht rund um die Rauchabzüge nämlich das weltweit einzigartige deutsche Kehrmonopol, das der Bezirksschornsteinfeger in seinem Sprengel genießt. Doch nun soll es fallen, zumindest in Teilen. „Das wird unser Handwerk beleben“, glauben die Meisterinnen, die in Betrieben in Solingen und Langenfeld arbeiten.
Kehren, Messen und Überprüfen von Heizanlagen darf künftig jeder Schornsteinfeger und qualifizierte Heizungsbauer, unabhängig vom Einsatzort. Hausbesitzer können ihren Dienstleister frei auswählen und die Preise verhandeln. Denn auch die festgelegten Gebühren fallen mit dem neuen Gesetz.
Sandra Baum schultert jeden Morgen den Stoßbesen und rückt in ihren Kehrbezirk aus. Dort betreut sie Heizungen und Kamine in rund 2500 Haushalten. „Der Wettbewerb birgt neue Chancen. Aber man braucht auch Mut, wie immer wenn etwas Neues kommt.“ Sandra Baum vertraut auf die Treue ihrer Kunden und das gute Verhältnis, das sie über Jahre aufgebaut hat.
„95 Prozent der Kunden werden auch künftig ihren gewohnten Schornsteinfeger beauftragen“, meint Stephan Langer, Sprecher des Bundesverbandes der Schornsteinfeger in Sankt Augustin. Kritiker wünschten sich schon seit langem das Ende des Monopols.
„Manche sehen das wohl als Bevormundung und tun sich generell schwer damit, dass ihnen etwas vorgeschrieben wird. Aber es ist wie beim TÜV fürs Auto. Da muss man auch hin. Und wir überfallen die Leute ja nicht, sondern kündigen uns freundlich an“, argumentieren die Schwestern.
Aber die EU bewertete das deutsche Schornsteinfegerwesen als nicht vereinbar mit der Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit und drohte ein Verfahren an. Der erste Schritt zu mehr Wettbewerb wurde bereits 2008 vollzogen. Seitdem dürfen ausländische Mitbewerber ihre Dienste anbieten. Das taten aber laut Bundesverband der Schornsteinfeger nur wenige.
Tordis Baum öffnet eine Dachluke und klettert vorsichtig heraus. Auf Trittstufen arbeitet sie sich bis zum First vor. Es weht ein frischer Wind. Hoch über der Stadt blickt sie optimistisch in die Zukunft: „Viele Betriebe haben ihr Spektrum erweitert. Wir auch: Meine Schwester und ich haben uns als Energieberater qualifiziert. Wir können aber auch einen Schornstein bauen, wenn es der Kunde verlangt.“