„Schwarzfahren ist viel zu billig“

Wer ohne Ticket erwischt wird, zahlt ab August 60 Euro. Experten fordern eine Staffelung beim Bußgeld.

„Schwarzfahren ist viel zu billig“
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Düsseldorf. Zum Bußgeld beim Schwarzfahren hat Karl-Peter Naumann eine klare Meinung. „Die Erhöhung auf 60 Euro ab August reicht nicht aus“, sagt der Ehrenvorsitzende des Fahrgastverbandes Pro Bahn. „Für professionelle Schwarzfahrer ist es immer noch viel zu billig.“

Naumann fordert gestaffelte Geldbußen. „Es gibt Leute, die vorsätzlich und immer schwarzfahren. Und es gibt Leute, die am Automaten gescheitert sind.“ Wer mehrfach erwischt wird, sollte seiner Meinung nach 120 Euro zahlen. „Dann würde es sich nicht mehr lohnen, keine Monatskarte zu kaufen. Die pauschale Erhöhung um 20 Euro trifft die Falschen“, meint der Vertreter des Fahrgastverbandes.

Rahime Algan, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen

So sieht es auch Rahime Algan vom Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). „Notorische Schwarzfahrer sollten mindestens 120 Euro zahlen“, sagt sie. Bei denen, die zum ersten Mal ertappt werden, gebe es dann mehr Spielraum für Kulanz.

Der VDV schätzt, dass den Verkehrsbetrieben hierzulande jährlich 250 Millionen Euro durch nicht gekaufte Tickets verloren gehen. Noch einmal 100 Millionen Euro müssen die Unternehmen in die Hand nehmen, um die Kontrolleure und deren Ausrüstung zu bezahlen.

Georg Schumacher, Sprecher der Düsseldorfer Rheinbahn, ist froh, dass ab dem nächsten Monat endlich ein „erhöhtes Beförderungsgeld“ von 60 Euro verlangt werden darf. „Abschreckung muss sein“, so Schumacher. Der Abstand zum regulären Fahrpreis sei viel zu lange zu gering gewesen.

Tatsächlich hat es die Politik mit erhöhtem Bußgeld beim Schwarzfahren nicht sehr eilig. Die jüngste Anhebung von 30 auf 40 Euro liegt bereits zwölf Jahre zurück. Lebenshaltungskosten und Ticketpreise sind in dieser Zeit deutlich gestiegen. Vor 2003 wurde Schwarzfahren zuletzt 1989 teurer, damals von 40 auf 60 Mark (30 Euro).

Dass unter anderem im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR) und im Fernverkehr der Deutschen Bahn ab August 60 Euro fällig werden, geht auf eine Initiative der Bundesländer zurück. Erst dadurch wurde Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) ermuntert, aktiv zu werden.

Die Kriminalstatistik listet für das vergangene Jahr 271 119 Fälle von „Beförderungserschleichung“auf, wie das Schwarzfahren im Strafgesetzbuch heißt. Diese Zahl umfasst allerdings nur jene Fälle, die von den Verkehrsbetrieben zur Anzeige gebracht werden. Und das gilt längst nicht für jeden, der ohne Ticket erwischt wird.

„Wer binnen zwei Jahren drei Mal ohne Ticket auffällt, muss mit einer Anzeige rechnen“, sagt Rheinbahn-Sprecher Schumacher. Ähnlich sieht es in Krefeld aus. „In Einzelfällen erfolgt eine Anzeige schon beim ersten oder zweiten Mal, wenn zum Beispiel das Ticket manipuliert wurde, falsche Namensangaben gemacht wurden oder sonstige Betrugsversuche vorliegen“, sagt Dirk Höstermann, Sprecher der Stadtwerke Krefeld.

Anderswo ist Schwarzfahren übrigens zum Teil erheblich teurer als in Deutschland. In Griechenland wird das 60-Fache des normalen Fahrpreises fällig — in der Athener Metro 72 statt 1,20 Euro. In Großbritannien zahlen Mehrfachtäter bis zu 1000 Pfund (720 Euro).

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