NRW-Justizminister will Schwarzfahren entkriminalisieren
Peter Biesenbach (CDU) muss vor allem Parteifreunde von der Entkriminalisierung überzeugen.
Düsseldorf. Das Schwarzfahren zu entkriminalisieren und entsprechende Verstöße zur Ordnungswidrigkeit herunterzustufen — mit diesem Vorstoß rennt NRW-Justizminister Peter Biesenbach bei der Opposition aus SPD und Grünen offene Türen ein. Bei den eigenen Parteifreunden hat es der CDU-Mann schwerer. „Es gibt da Zurückhaltung in meiner Partei“, gestand Biesenbach am Mittwoch im Rechtsausschuss des Düsseldorfer Landtags ein. Was erklärt, warum er Monate nach seinem Vorstoß, der freilich auf Bundesebene umgesetzt werden müsste (es geht um Strafrecht), nicht so recht weiterzukommen scheint.
Eben das nahmen SPD und Grüne im Ausschuss zum Anlass, ihrerseits auf Ergebnisse bei diesem aus ihrer Sicht gemeinsamen Ziel zu drängen. Lisa Kapteinat (SPD) gab sich „enttäuscht, dass der Minister die Parlamentarier bei dieser Frage nicht weiter informiert und mitnimmt“. Verena Schäffer von den Grünen fragte, ob es denn inzwischen eine Vorlage des Ministers für das schwarz-gelbe Kabinett gebe. „Oder plaudern Sie nur mit anderen Ministern darüber?“
„Lassen Sie mir noch Zeit“, antwortete Biesenbach. Er sei in ständigen Gesprächen auf verschiedenen Ebenen, aber er müsse erst Mehrheiten auch in seiner Partei finden, damit entsprechende Initiativen erfolgversprechend sein könnten. „Wenn sich das abzeichnet oder auch der umgekehrte Fall, dass es keine Mehrheit gibt, informiere ich Sie.“
In der Sache hat Biesenbach schlagkräftige Argumente. Mehr als jedes zehnte Strafurteil in NRW betrifft mutmaßliche Schwarzfahrer. Polizei, Staatsanwaltschaften und Gerichte müssten entlastet werden. Der Justizminister möchte, dass Schwarzfahren erst bei hartnäckigen Wiederholungstätern als Straftat behandelt wird. Im Übrigen aber als mit Bußgeld zu sanktionierende Ordnungswidrigkeit.
Weiteres Argument: Pro Tag gibt NRW rund 160.000 Euro für inhaftierte Menschen aus, die das Gericht überhaupt nicht einsperren wollte. Hintergrund dafür ist, dass ein Teil der wegen Schwarzfahrens Verurteilten die Geldstrafe nicht bezahlen kann. Das führt dann dazu, dass die Geldstrafe als Ersatzfreiheitsstrafe vollstreckt wird.
Die Gegner einer Entkriminalisierung warnen, dass es zu einem Anstieg der Schwarzfahrten kommen werde. Nur die Strafbarkeit habe einen Abschreckungseffekt, argumentieren zum Beispiel die Verkehrsbetriebe, die sich mit dem Vorschlag Biesenbachs schon aus einem anderen Grund nicht anfreunden können. Der Justizminister argumentiert nämlich, dass Kontrollen in den Bussen und Bahnen intensiviert und Schwarzfahrer dann konsequent mit Bußgeldern belegt werden sollten. Und dass elektronische Zugangssysteme das Schwarzfahren von vornherein verhindern.
Solche Zusatzkontrollen und -maßnahmen würden freilich die Verkehrsbetriebe belasten. Diese argumentieren denn auch, der ehrliche Kunde müsse am Ende über einen höheren Ticketpreis die Zeche zahlen. Biesenbach sieht darin eine Milchmädchenrechnung: „Momentan zahlen ja die ehrlichen Steuerzahler die hohen Kosten der Strafverfolgung und des Strafvollzugs. In der Ökonomie nennt man das die ,Externalisierung interner Kosten’.“ Was er meint: Die Verkehrsbetriebe wälzen die Kosten, die sie eigentlich selbst tragen müssten, auf Dritte ab.