Bildung Rückkehr zu G9 - das ist der Plan der Landesregierung

Im Schuljahr 2019/20 geht die Umstellung von G8 auf G9 los. Die schwarz-gelbe Landesregierung hat jetzt einen entsprechenden Gesetzentwurf zur Umstellung beschlossen. Die wichtigsten Fakten im Überblick.

Das G9-Gesetz soll noch vor den Sommerferien im Landtag verabschiedet werden.

Foto: Armin Weigel/dpa

Düsseldorf. Nordrhein-Westfalen kehrt zum Abitur nach neun Jahren zurück. Das G9 wird zum Schuljahr 2019/2020 an den öffentlichen Gymnasien wieder zur Regel. Die schwarz-gelbe Landesregierung beschloss am Dienstag den Gesetzentwurf zur Umstellung vom achtjährigen auf das neunjährige Gymnasium.

Damit sei eines der „größten und wichtigsten bildungspolitischen Vorhaben“ dieser Legislaturperiode auf den parlamentarischen Weg gebracht, sagte Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP). Das Gesetz soll noch vor den Sommerferien im Landtag verabschiedet werden. Damit solle ein „Schlussstrich unter die jahrelange, oft emotionale Debatte“ um die Schulzeit an Gymnasien in NRW gezogen werden.

Die Umstellung von G8 auf G9 an öffentlichen Gymnasien startet im Schuljahr 2019/20 mit den Klassen fünf und sechs. Der erste reguläre G9-Jahrgang kommt damit zum Schuljahr 2026/2027 in die 13. Klasse und macht 2027 Abitur. Schüler, die jetzt ein Gymnasium besuchen, machen noch das G8-Abitur.

Gymnasien können aber auch beim G8 bleiben. Dies setzt einen einmaligen Beschluss der je zu einem Drittel mit Schülern, Eltern und Lehrern besetzten Schulkonferenz voraus. Für den Verbleib bei G8 müssten mehr als zwei Drittel der Mitglieder stimmen. Die Entscheidung muss zu Beginn des Schuljahres 2018/19, spätestens aber bis 31.01.2019 getroffen werden. Ansonsten wird das Gymnasium automatisch G9-Schule. Allerdings können die kommunalen Schulträger bei gravierenden Gründen ein Vetorecht geltend machen.

Auch Gymnasien in freier Trägerschaft - etwa konfessionelle Schulen - können frei entscheiden, ob sie G8 oder G9 wollen.

Das Schulministerium rechnet nach internen Abfragen damit, dass über 90 Prozent der Gymnasien zu G9 zurückkehren werden. Derzeit gibt es in NRW insgesamt 655 Gymnasien. Davon sind 511 öffentliche Schulen mit rund 433 000 Schülern. Die 114 Gymnasien in freier Trägerschaft haben fast 87 000 Schüler.

Wie hoch die Kosten des Umstiegs sind, ist noch unklar. Zwei unabhängige Gutachter sollen im Einvernehmen mit den kommunalen Spitzenverbänden eine Kostenprognose aufstellen, die die Grundlage für den Verteilungsschlüssel bildet. In Bayern etwa kostet die Umstellung auf G9 nach Schätzungen 350 bis 500 Millionen Euro. Gebauer sagte, das Land gleiche für die Kommunen die Kosten aus, die durch die gesetzliche Umstellung auf G9 entstünden. Das bedeute aber nicht, „dass das Land per se alle Kosten übernimmt“. Das notwendige Belastungsausgleichsgesetz müsse zu gleicher Zeit wie das G9-Gesetz in Kraft treten.

In der Endphase des Umstiegs werden nach Berechnungen des Ministeriums bis zu 2200 zusätzliche Lehrerstellen in NRW nötig sein. Eine Werbekampagne für Lehrer soll gestartet werden. Ein Lehrerstelle koste ungefähr 50 000 Euro pro Jahr, sagte Gebauer. Bei 2200 zusätzlichen Lehrern wären das jährlich zusätzlich 110 Millionen Euro Personalkosten.

Mit der Rückkehr zu G9 dürfte der Abiturjahrgang 2026 wohl eher mager ausfallen. Angesichts der dann zu erwartenden Lücke bei der Zahl der Studienanfänger sei sie bereits im Gespräch mit dem Wissenschaftsministerium, sagte Gebauer. Auch die Industrie- und Handelskammern sollten frühzeitig ins Boot geholt werden.

Schülerinnen und Schüler an G9-Gymnasien nehmen künftig an den zentralen Prüfungen am Ende der 10. Klasse teil und können damit die Mittlere Reife erwerben. An G8-Gymnasien erwerben Schüler die Mittlere Reife wie bisher am Ende der 10. Klasse durch Versetzung in die 11. Klasse.

Mit der zweiten Fremdsprache soll erst wieder in Klasse 7 statt schon in Klasse 6 begonnen werden.

Die Jahrgangsstufe 13 wird nach bisherigen Berechnungen allein in Großstädten wie Köln, Düsseldorf, Bonn oder Münster bis zum Schuljahr 2026/27 jeweils etwa 150 zusätzliche Klassenräume erforderlich machen. Für die Einzelregelungen wie zum Beispiel Stundentafeln und Wochenstunden müssen Ausbildungs- und Prüfungsordnungen geändert werden. Die schulfachlichen Eckpunkte will Ministerin Gebauer in Kürze vorlegen und nach den Osterferien mit den Verbänden erörtern. Im November hatte sie bereits vorläufige Angaben gemacht.

In der Sekundarstufe I soll die Gesamtjahreswochenstundenzahl von derzeit 163 auf 188 steigen. G9 werde auch als Halbtagesbetrieb möglich sein, sagte Gebauer. Von den 188 Wochenstunden sollen acht nicht verbindlich sein. Die Schulen können sie nutzen, um schwächere und besonders starke Schüler individuell zu fördern oder um das Profil der Schule zu schärfen - etwa mit einem bilingualen oder einem künstlerisch-musischen Schwerpunkt. dpa