Sebastians Tod im Sand gibt Rätsel auf
Amrum/Husum (dpa) - Der tragische Unfalltod des zehnjährigen Sebastian auf der Nordseeinsel Amrum gibt den Ermittlern weiter viele Fragen auf. So ist unklar, ob der Junge aus Österreich beim Spielen im Sand eine Schaufel benutzt oder nur mit den Händen gebuddelt hat, sagte die Husumer Polizeisprecherin Kristin Stielow am Freitag.
Vor allem steht noch nicht fest, ob Sebastian alleine gegraben hat. Für ein Verbrechen gebe es weiterhin keinerlei Hinweise, sagte Stielow. Der Junge war am Strand im Sand verschüttet worden und erstickt.
Nach Erkenntnissen der Ermittler spielte der Zehnjährige im Laufe des Sonntags mit mehreren Kindern im Bereich des „Piratenschiffs“ am Strand von Wittdün. Einer von ihnen sei ein Lukas gewesen. „Der letzte Spielkamerad, von dem wir wissen“, sagte Stielow. Lukas habe den Strand aber gegen 16.30 Uhr verlassen. Sebastian war seit Sonntagabend vermisst und nach mehrtägiger Suche tot gefunden worden. Die Obduktion ergab, dass der Junge aus der Region Wien erstickt ist.
Aber wie konnte Sebastian, der neben der Rutsche gespielt haben soll, überhaupt verschüttet werden? Eine mögliches Szenario erläuterte der Geologe Christoph Heubeck von der Freien Universität Berlin. Vermutlich habe der Junge nassen Sand vom Grund des Loches am Rand auf den trockenen Sand aufgehäuft, meinte der Experte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Dieser Sand könne dann schließlich abgerutscht sein und habe das Kind unter sich begraben. Eigentlich sei das Unglück vergleichbar mit einer Schneelawine. Das Gewicht der Sandkörner mache einen Verschütteten unbeweglich. Es sei dann unmöglich, den Brustkorb zu heben. „Man erstickt.“
Der Wissenschaftler warnte davor, die Gefahr von Sand zu unterschätzen. Der Dünensand auf Amrum sei besonders feinkörnig. Die Reibung sei dabei ähnlich gering wie bei einem Kugellager. Wenn aber feinkörniger Sand mit Schlick oder nassem Sand beschwert werde, könne es zu „katastrophalen Massenbewegungen“ kommen, warnte Heubeck. Dies geschehe beispielsweise auch in Wüsten nach einem Starkregen. Dann könnten 50 Meter hohe Dünen auf Hunderten von Metern zusammenbrechen, beschrieb er den Mechanismus.
Heubeck nannte das Unglück aber auch ein Rätsel. Er könne nicht nachvollziehen, wie ein kleiner Junge im Alter von zehn Jahren in der Lage sei, mit Spielgerät ein Loch zu graben, dass „wahrscheinlich mindestens so groß ist wie er selbst. Denn er muss sich dort ja auch noch hineinkauern oder hineinlegen können“, sagte Heubeck.
Die Kriminalpolizei trage zurzeit Ermittlungsergebnisse zusammen, sagte Oberstaatsanwalt Otto Gosch von der zuständigen Flensburger Staatsanwaltschaft. „Der Stand ist ein Todesermittlungsverfahren, wie es beim Auffinden von Leichen üblich ist.“ Aus Rücksicht auf die Privatsphäre der Familie gab es keine Angaben dazu, ob der obduzierte Leichnam des Jungen aus Österreich inzwischen freigegeben und in die Heimat übergeführt wurde. Sebastian hatte mit seinen Eltern und der Schwester Urlaub auf Amrum gemacht.