Seehofer oben ohne — darf er das?

Der legere Auftritt des bayerischen Ministerpräsidenten sorgt für Diskussionen. Knigge-Experten bestehen auf der Krawatte.

Düsseldorf. Vielleicht sind Joschka Fischers Turnschuhe bald vergessen, denn jetzt sorgt ein neuer Mode-Fauxpas für Aufsehen. Horst Seehofer (CSU), bayerischer Ministerpräsident, erschien kürzlich ohne Krawatte zum Sommerempfang des Landtags — und wurde so zum Gesprächsthema der Veranstaltung. Allgemeine Frage: Darf er das?

„Wenn Horst Seehofer als Repräsentant seiner Partei bei einem offiziellen Termin auftritt, gehört eine Krawatte dazu“, sagt die Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rats Agnes Jarosch. Seehofer redet sich laut „Welt“ charmant heraus, seine Frau habe ihm erlaubt, oben ohne zu der Veranstaltung zu gehen.

„Hätte er mich gefragt, hätte ich ihm natürlich zu der Krawatte geraten, denn sie gilt für viele immer noch als Symbol korrekter Kleidung“, sagt Jarosch. Sie ist sich sicher, dass es einen Dresscode für den Sommerempfang gab. Seehofers eigenmächtige Lockerung verwirre, weil er ein Vertreter einer konservativen Partei ist.

„Es gibt Schlimmeres“, meint hingegen Christoph Ploenes, Geschäftsführer beim familieneigenen Krefelder Krawattenhersteller J. Ploenes. Der Krawatten-Experte hält dem CSU-Mann zugute, dass er üblicherweise immer einen Schlips trägt.

Ploenes stört vielmehr, dass das Krawattetragen als Zwang dargestellt wird. „Ich bin überzeugt, dass gerade Männer im gehobenen Alter mit Krawatte besser aussehen als ohne“, sagt Ploenes. Ob Seehofer mit seinen 62 Jahren dazugehört, sei dahingestellt. Der CSU-Politiker könnte aber ein Vorbild für alle Schlipshasser werden.