Shanti gibt sexuelle Annäherung zu

München (dpa) - Der Guru und Musiker Oliver Shanti hat am erstenTag seines Prozesses wegen 314-fachen sexuellen Kindesmissbrauchs diegegen ihn erhobenen Vorwürfe bestritten.

„Ich habe nie Kindermissbraucht, ich habe Kinder sehr lieb“, sagte der 60-Jährige amMittwoch vor dem Münchner Landgericht.

Eine sexuelle Annäherung an dreimutmaßliche Opfer gab der Produzent esoterischer Musik jedoch zu. Diebetreffenden Jungen seien zu der Zeit aber schon 17 Jahre alt gewesen.Er sei homosexuell, räumte der schwer kranke Beschuldigte ein, aber„mich interessieren nur junge Männer von 17, 18, 19 Jahren“.

Die Staatsanwaltschaft wirft ihm vor, von 1985 bis 1998 zwei Mädchenund vier Jungen im Alter von anfangs acht bis zu 13 Jahren regelmäßigmissbraucht zu haben. Der Angeklagte musste in einem Glaskasten sitzensowie einen Gummimantel und Mundschutz tragen, da er an einemübertragbaren MRSA-Keim leidet. Der Keim kann verschiedene, teilslebensbedrohliche Krankheiten auslösen. Der Mann mit dem KünstlernamenShanti leidet außerdem an Lymphdrüsenkrebs.

Shantis Anwalt sagte: „Unser Mandant ist unschuldig.“ Die Vorwürfeseien ein „wirtschaftliches Komplott“. Die Eltern der mutmaßlichgeschändeten Kinder, die ihn beschuldigten, seien Mitbegründer derShanti-Familie gewesen, einer Wohngemeinschaft zur Produktion vonesoterischer Musik.

In einem im Gefängnis geschriebenen Papierschilderte Shanti, er habe damit allein 2002 weltweit 10 Millionen Euroumgesetzt. „In dem Jahr nahmen Missgunst und Neid überhand.“ SeineGegner hätten einen Kriminellen aus ihm gemacht und ihm allesweggenommen.

Der Guru soll sich von 1985 bis 1998 an zwei Mädchen und vier Jungenseiner Kommune vergangen haben. Er hatte sich mit seinen AnhängernMitte der 80er-Jahre in Portugal niedergelassen. Besucher in demProzess fühlten sich wie in einer Isolier-Station.

Beamte inSchutzanzügen und mit Gummihandschuhen führten den ebenso gekleideten60-Jährigen in den Saal 177 des Landgerichts. Nach Ablegen desMundschutzes im Glaskasten bestritt der Angeklagte die ihmvorgeworfenen „Schweinereien“: „Das sind Dinge, an die ich nicht maldenken kann.“

Der Angeklagte will sich im Juni 2008 wegen seiner Erkrankung derdeutschen Botschaft in Lissabon gestellt haben. Laut Staatsanwaltschaftwurde er dagegen gefasst, als er bei der Konsularabteilung derBotschaft seinen Pass verlängern lassen wollte. Zwei der laut Anklagemissbrauchten und inzwischen erwachsenen Opfer hatten sich 2002 einerAnwältin offenbart und Anzeige erstattet. Einer der jungen Männer warnoch im selben Jahr an einem Hirntumor gestorben.

Shanti war seither auf der Flucht. Nach Aufenthalten in Singapur undBali habe er zuletzt viereinhalb Jahre in dem portugiesischenWallfahrtsort Fatima gelebt, erzählte der Angeklagte. Mit seiner Frauhatte er nach eigenen Worten eine Ehe ohne Sex geführt.

Wortreichschilderte der ehemalige Seemann seine Erfolge als Musikproduzent. Mitzahlreichen CDs mit orientalisch inspirierter Musik habe er „Millionen“verdient. „Ich war der Mann des Geldes“, sagte er. Eine Finca inPortugal mit zwölf Gebäuden sei sein Eigentum gewesen, das habe zu„Neid und Missgunst“ geführt.

Zur Fortsetzung der Verhandlung am Donnerstag sind erste Opfer alsZeugen geladen: damals noch Mädchen, sind die Frauen mittlerweile 32und 33 Jahre alt. Die Anwälte dieser beiden Nebenklägerinnen habenAnträge auf Ausschluss der Öffentlichkeit während der Vernehmungangekündigt. Für den Prozess hat das Gericht zunächst achtVerhandlungstage festgesetzt.