Shirley Temple: Es gibt ein Leben nach Hollywood
Sie war der erste Kinderstar, der einen Oscar erhielt. Das war 1934. Heute feiert Shirley Temple ihren 85. Geburtstag.
San Francisco. Es ist mehr als 60 Jahre her, dass der einst bestbezahlte Star Hollywoods zum letzten Mal vor der Filmkamera stand. In über 50 Filmen spielte Shirley Temple mit — die meisten hatte sie schon vor ihrem zehnten Geburtstag gedreht — und viele wegen der Altersbeschränkung selbst nie im Kino gesehen, behauptete zumindest Erich Kästner in „Das doppelte Lottchen“. Verehrt wurde sie als „das beste kleine Mädchen der Welt“, erhielt 1934 als erster Kinderstar einen Oscar. Heute wird Shirley Jane Temple 85 Jahre alt.
Als Vierjährige war die Tochter eines Bankangestellten und einer Näherin in einer Tanzschule entdeckt worden — und über Nacht zum Star. Der singende und steppende Dreikäsehoch verdiente zeitweise mehr als jeder andere Hollywood-Schauspieler. Als Neunjährige war ihr Jahreseinkommen höher als das des Präsidenten von General Motors. US-Präsident Franklin D. Roosevelt dankte Temple dafür, dass sie „Amerika mit einem Lächeln durch die Depression führte“.
Mit Streifen wie „Der kleinste Rebell“, „Rekrut Willie Winkie“, „Stand Up and Cheer“ und „Armes, kleines reiches Mädchen“ spielte sie dem Studio 20th Century Fox über 30 Millionen Dollar Gewinn ein — rettete es vor dem Bankrott. Auch als kleiner Werbestar für Puppen, Haarmittel und Seife verdienten Shirley und ihre ehrgeizigen Eltern ein Vermögen. Auf dem Höhepunkt ihrer Karriere erhielt sie täglich mehr als 2000 Fan-Briefe und musste sich vor „Lockenjägern“ verstecken, die es auf ihre Haare abgesehen hatten.
Doch als sie in die Pubertät kam, war es mit den Kassenschlagern vorbei. „Ich war die älteste 14-Jährige der Welt“, klagte sie später einmal. 1940 floppte „The Blue Bird“ — ihre Kinderkarriere war beendet. Spätere Versuche, als junge Frau im Filmgeschäft Fuß zu fassen, etwa mit „So einfach ist die Liebe nicht“ (1946), scheiterten.
Bei den Dreharbeiten zu ihrem letzten Film „Fort Apache — bis zum letzten Mann“, mit John Wayne in der Hauptrolle, verliebte sie sich in den Schauspieler John Agar. Mit 17 war sie verheiratet, mit 19 Jahren wurde sie Mutter — die Ehe war allerdings schnell zerrüttet.
Das Schicksal anderer Kinderstars, nach dem frühen Ruhm im Ruin und Rausch zu enden, blieb Temple erspart. Frisch geschieden, lernte die 22-Jährige auf einer Party den Geschäftsmann Charles A. Black kennen. Er hatte nichts mit Hollywood zu tun, habe sie nicht einmal erkannt. „Er war die Liebe meines Lebens“, erzählte Temple kurz nach Blacks Tod. Sie waren 55 Jahre verheiratet, lebten mit ihren zwei Kindern abseits von Hollywood in Nordkalifornien.
Als engagierte Republikanerin kandidierte sie 1967 für einen Sitz im Kongress und wurde nur knapp geschlagen. Präsident Nixon machte sie zur UN-Delegierten, dessen Nachfolger Gerald Ford zur Botschafterin in Ghana, George Bush 1989 zur Botschafterin der damaligen Tschechoslowakei.
„Ich hatte ein wirklich großartiges Leben“, resümierte Temple vor zehn Jahren im „San Francisco Chronicle“. Druck habe sie als Kinderstar nie verspürt. „Ich war total damit beschäftigt, Spaß beim Drehen zu haben.“