"Spiegel": Methanol-Opfer war 20 Stunden ohne Hilfe
Hamburg. Der an einer Methanolvergiftung in der Türkei gestorbene Lübecker Schüler lag Medienberichten zufolge 20 Stunden in seinem Bett, bevor seine Leiche entdeckt wurde. Nach Angaben des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" soll nun geklärt werden, ob der 21- Jährige bei rechtzeitiger Hilfe hätte gerettet werden können.
Der Rechtsanwalt der Eltern, die Anzeige gegen unbekannt erstattet haben, hält es daher für entscheidend, den genauen Todeszeitpunkt zu ermitteln. Der 21-Jährige gehörte zu einer Schülergruppe, die auf Klassenfahrt im türkischen Badeort Kemer gepanschten Alkohol getrunken hatte. Am Freitag war der junge Mann auf einem Lübecker Friedhof beigesetzt worden.
Der Lehrer, der die Gruppe begleitete, ist laut Ermittlern im Besitz eines Generalschlüssels für die Hotelzimmer der Schüler gewesen. "Es wird zu klären sein, ob Dritte an dem Geschehen Mitverantwortung tragen", sagte der Anwalt Frank-Eckhard Brand dem "Spiegel".
Unterdessen werden zwei 18 und ein 19 Jahre alte Mitschüler, die ebenfalls von dem angeblichen Wodka getrunken hatten, weiter auf der Intensivstation der Lübecker Uniklinik betreut. Die beiden jungen Männer, die am Donnerstagabend mit einem Ambulanzjet aus der Türkei ausgeflogen worden waren, liegen seit mehr als einer Woche im Koma.
"Es geht ihm ganz schlecht", sagte der Vater des einen Schülers gegenüber den "Lübecker Nachrichten". Das Krankenhaus wollte sich am Wochenende nicht zu seinen Patienten äußern. Allerdings werde Anfang nächster Woche eine Mitteilung zum Zustand der jungen Männer veröffentlicht. Insgesamt waren sieben Schüler nach der Feier in dem Hotel erkrankt, vier von ihnen hatten die türkische Klinik aber schon nach einigen Tagen wieder verlassen können.
Ermittelt werden soll laut "Spiegel" auch, wer den Wodka hergestellt und verkauft hat. An der türkischen Riviera floriert schon länger der Handel mit geschmuggelten oder gepanschten Spirituosen. Getränkeproduzenten sehen das Problem vor allem in den extrem hohen Alkoholsteuern. "Oft nehmen Hotels einfach den billigsten Alkohol, ohne Rücksicht auf die Bezugsquellen", sagt Galip Yorgancioglu, Chef des größten türkischen Raki-Herstellers, dem Magazin.