Touristen aus China: Knigge für Pauschalreisende

Millionen Chinesen verbringen den Urlaub im Ausland. Ihr Benehmen macht mitunter Schlagzeilen — das soll sich jetzt ändern.

Peking. Die malerische Stadt Lijiang im Südwesten Chinas quillt über vor Touristen. Wo 20 Jahre zuvor noch Bauern ihre Waren auf den alten Pflastersteinen anboten, haben sich die Souvenirhändler breitgemacht. Einst war die auf der Unesco-Welterbeliste stehende Stadt ein Knotenpunkt der Tee- und Pferderoute. Nun ist „die Stadt am schönen Fluss“ ein Extrem-Beispiel für die Veränderungen, die Chinas Tourismusboom mit sich bringt.

Nachts streifen Gruppen lärmender Touristen zwischen neonbeleuchteten und von Bässen wummernden Bars umher. Die Stadt hat Schilder aufgestellt, die die Gäste auffordern, sich „wie zivilisierte Touristen“ zu benehmen. Das ist Teil einer nationalen Kampagne, die im Mai neuen Auftrieb bekam: Da wurde ein 14-jähriger Chinese erwischt, der im Tempel im ägyptischen Luxor auf ein Steinrelief „Ding Jinhao war hier“ gekritzelt hatte.

Vorfälle wie in Luxor seien weltweit von Medien aufgegriffen worden, weil Chinas Tourismus so stark gewachsen sei, sagt Wu Bihu, Tourismusexperte der Universität Peking. „In jüngsten Jahren reisen mehr und mehr Leute ins Ausland, und so wird auch ihr Benehmen von ausländischen Medien bloßgestellt.“

Einige dieser Probleme spiegelten kulturelle Unterschiede wider und kämen vor allem bei Europatouren vor, meint Wang Zhiwei, Chef des Jugendreisedienstes für Schanghai. „Zum Beispiel, sich auf dem Boden breitzumachen und in der Öffentlichkeit zu laut zu sein — die Menschen im Westen mögen das nicht“, sagt Wang. „Seinen Müll liegenlassen und laut sprechen sind die schlimmsten Angewohnheiten, und auch Vordrängeln“, fügt er hinzu.

Nach der Debatte über die Luxor-Kritzeleien gab Chinas Regierung einen Benimmkodex für Touristen heraus. Er soll im Oktober Teil eines neuen Tourismusgesetzes werden. „Ein zivilisierter Tourist zu sein, ist jedes Bürgers Pflicht“, steht darin. Touristen sollten „die gesellschaftliche Moral respektieren“ und „angemessene Unterhaltung“ suchen. Das richtet sich wohl auch gegen Glücksspiel und sexuelle Abenteuer, die so viele Touristen suchen.

Ob die offiziellen Ermahnungen tatsächlich fruchten, ist fraglich: „Die Worte der Reiseleiter sind nutzlos, die Kunden haben bezahlt, also sind sie unsere Götter“, sagt Wang Zhiwei.