Touristen entdecken Tschernobyl als Ausflugsziel
7500 Gäste besuchten voriges Jahr den Ort der größten Reaktorkatastrophe aller Zeiten. Der Eintritt kostet 122 Dollar.
Tschernobyl. Die US-Zeitschrift Forbes schreibt von einer "weltweit einmaligen Sehenswürdigkeit", für die sich der Eintritt von umgerechnet 122 Euro durchaus lohnt: Tschernobyl, 1986 Schauplatz der weltweit schlimmsten Atomkatastrophe der Geschichte, ist heute eine Attraktion für Tausende von Besuchern im Jahr.
Fast 25 Jahre nach dem Gau in dem Kraftwerk aus der Sowjetära lockt die verstrahlte Zone mit der verlassenen Stadt Pripjat Busladungen voller Neugieriger an - allein im vergangenen Jahr waren es nach offiziellen Angaben rund 7500 Besucher. Ein Bus bringt Touristen an den Rand des Sperrgebietes. Ohne Genehmigung ist es noch immer nicht zugänglich. Am Eingang muss jeder Besucher unterschreiben, dass er die Regeln beachten wird, die eine Kontaminierung verhindern sollen: kein Essen und Rauchen, nichts berühren, kein Abstellen von Taschen. Die Besucher unterschreiben mit nervösem Lachen.
Pripjat ist eine Geisterstadt. Noch immer hängen Schilder aus der Sowjetzeit an Gebäuden in der Nähe eines verfallenen Vergnügungsparks, dessen Riesenrad Rost angesetzt hat. In einer Wohnung liegen Bücher und Spielzeuge verstreut auf dem Boden.
"Es ist sehr traurig", sagt die Australierin Bobby Harrington verlegen. "Ich fühle mich wie ein Voyeur. Vielleicht ist es noch zu früh, viele der Leute leben ja noch." Andere Besucher haben weniger Hemmungen, für sie ist die gespenstische Szenerie Testament eines historischen Ereignisses. "Ich finde es nicht grotesk. Es ist nicht anders, als wenn man das Colosseum in Rom besichtigt, dort starben auch Menschen."
Am frühen Morgen des 26.April 1986 explodierte in Tschernobyl der Reaktorblock 4 und verseuchte weite Teile der damaligen Sowjetstaaten Ukraine, Weißrussland und Russland und Teile Westeuropas.