Tracht ist wieder schick - Authentische Mode mit Geschichte

Lübbenau/Bautzen (dpa) - Die Farbe rot bedeutet: Ich bin frei und ledig. Grün sagt: schon vergeben. Originale Trachten zeigen nicht nur die Herkunft der Träger. Wer genau hinschaut, erfährt so manches mehr.

Mit einem Dutzend Schürzen, fünf Blusen und zwei bestickten Hauben hat die Sorbin Monika Lukasch einen gut gefüllten Kleiderschrank. Die 28-Jährige bedient in Tracht im sorbischen Restaurant „Wjelbik“ im sächsischen Bautzen und bietet zugleich etwas fürs Auge. „Die meisten Gäste wollen wissen, was ich trage und was es bedeutet“, erzählt die junge Sorbin. Oft werde sie auch gefragt, ob sie immer so herumlaufe. „Nicht immer, aber oft“, sagt sie dann.

Bundesweit gibt es Orte, wo Trachten Alltag sind und keiner sich danach umschaut. „In Bayern sind Dirndl, Janker oder Lederhose nicht außergewöhnlich“, sagt Ulla Danz vom Deutschen Trachtenverband, der bundesweit etwa 2,5 Millionen Mitglieder vertritt. Auch in Hessen, Niedersachsen oder Thüringen werden Trachten zumindest bei Festen oder an Feiertagen getragen. Die oft wertvollen Gewänder werden über Generationen vererbt oder originalgetreu nachgeschneidert.

In der Lausitz leben die Sorben, das kleinste slawische Volk. Etwa 40 000 Angehörige dieser in Deutschland lebenden Minderheit sind im Osten Sachsens beheimatet und etwa 20 000 im Süden Brandenburgs. Sorbische Kleidung lässt erkennen, ob eine Frau verheiratet oder ledig ist, ob sie trauert, zur Kirche oder zur Arbeit geht. Der Kenner sieht auch, aus welchem Dorf die Frau oder der Mann stammt. Sorbische Volkstrachten entstanden als bäuerliche Kleidung. Für festliche Anlässe kamen als Schmuck kunstvolle Stickereien mit Kreuzstichen oder Perlen hinzu. Bänder, Tücher, Hauben und Schleifen werden damit reich verziert.

In der ostsächsischen Region um Schleife bei Weißwasser trugen noch vor zehn Jahren knapp 75 ältere Frauen im Alltag Tracht. „Es werden weniger, die das so konsequent tun und nichts anderes im Kleiderschrank haben“, erzählt Birgit Marusch vom Sorbischen Kulturzentrum in Schleife. Dort werden rund 60 Modelle ausgestellt, für jeden Anlass eines. „Die Besucher staunen meist über die handwerklichen Finessen.“

Marusch hat in eine sorbische Familie eingeheiratet und Gefallen an der Garderobe gefunden. An Feiertagen trägt sie diese Kleidung auch jetzt noch. Eine komplette Ausstattung aus den Händen einer speziellen Schneiderin kann schon mal zwischen 1500 und 2000 Euro kosten.

Der Deutsche Trachtenverband beobachtet ein zunehmendes Interesse junger Leute, ihre regionale Herkunft zu bestimmten Anlässen auch äußerlich in der Kleidung vorzustellen. „Das zeigt, wie sehr die Traditionen der Vorfahren geschätzt werden“, sagt Verbandsvertreterin Danz. Historische Trachten hätten aber nichts mit dem heute allgegenwärtigen Landhausschick zu tun. Das sei normale Bekleidung. „Trachtenträger bewahren Tradition und Brauchtum“, betont sie.

Die sorbische Designerin Sarah Gwiszcz möchte die sorbischen Trachten in die moderne Zeit holen. „Ich will Jüngere ansprechen, die sich in der Garderobe wohlfühlen sollen“, erklärt die 25-Jährige, die an der AMD Akademie Mode & Design in Berlin studierte. Eine erste Kollektion als Studentenprojekt fand viel Beachtung. Nun entwickelt sie Arbeitskleidung im sorbischen Stil für die Mitarbeiter von Tourist-Informationszentren.

„Es wird schlicht und klassisch, mit traditionellen Applikationen und individuellen Raffinessen und einem stilisierten Tuch“, erläutert Gwiszcz. Inspirationen hole sie sich aus Museen oder alten Büchern. Sie freue sich, wenn ihre Stücke auch im Alltag getragen werden: „Mein Polkajäckchen passt auch gut zu Jeans.“