G8/G9 Turbo-Abi: Jetzt legt sich auch die CDU fest
Parteichef Armin Laschet stellt Konzept vor: Gymnasien, die eine längere Schulzeit wollen, sollen sich dauerhaft für eine Rückkehr zu G9 entscheiden können.
Düsseldorf. Die CDU hatte es besonders spannend gemacht — in Sachen Turbo-Abi und einer möglichen Wiedereinführung des Abiturs nach neun Jahren. Zunächst ließ man allen anderen im Landtag vertretenen Parteien den Vortritt, sich bei dem für den heraufziehenden Wahlkampf wichtiger werdenden Thema zu positionieren. Dann boykottierte die größte Oppositionspartei den am Dienstag veranstalteten Runden Tisch zu diesem Thema. Vor diesem politischen Spannungsbogen konnte sich Partei- und Fraktionschef Armin Laschet Freitag großer Aufmerksamkeit sicher sein, als er das schon vor Wochen angekündigte Konzept seiner Partei zu dieser Frage vorstellte.
Im Kern sieht der Plan so aus: Schulen, an denen das G8-Modell (Abitur nach acht Jahren Gymnasium) erfolgreich ist und die Beteiligten keine Veränderungen wünschen, sollen daran festhalten können. Keine Schule mit G8-Modell soll zu einem Wechsel zu G9 gezwungen werden. Die Schulen hingegen, die das Abitur nach 13 Jahren als für sie besseren Weg ansehen, sollen diese Möglichkeit auch erhalten. Sie können ein echtes G9 einführen.
Das erinnert an das schon vor längerem vorgestellte Konzept der FDP. Was denn auch deren Chef Christian Lindner gestern dazu brachte, dieses als „engen Verwandten unserer Initiative“ zu bezeichnen. Laschet war es allerdings wichtig, sich eben davon abzugrenzen. Beim Konzept der FDP mit einer Wahlfreiheit der Schulen für eine längere oder kürzere Schulzeit sei jede Schule gezwungen, ein Konzept zu erstellen. Das erhöhe die Unruhe an den Gymnasien. Auch gebe es nach dem FDP-Modell eine ständige Wahlmöglichkeit zwischen den Modellen, was an den Schulen zu permanenter Unsicherheit führe.
Laschet hingegen stellt sich das Ganze so vor, dass an Schulen, die mit G8 zufrieden sind, gar keine Entscheidung getroffen wird. Die Schulen, die sich nach Beteiligung sämtlicher Betroffener (Eltern, Lehrer, Schüler, Schulträger) für einen Wechsel zu G9 entscheiden, sollten diese „einmalige Entscheidung“ dann aber nicht wieder rückgängig machen können.
Anders als SPD und Grüne lehnt die CDU Mischformen unter einem Dach ab. Laschet kritisierte Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne), die eine Flexibilisierung der Lernzeit für die Kinder entsprechend ihrem Lerntempo und ihren Möglichkeiten anstrebt. Das irritiere alle Schulen und werde von Experten als undurchführbar abgelehnt, heißt es bei der CDU. Und der Vorschlag der SPD sei eine „Mogelpackung“.
Nach dem SPD-Modell „G8flexi“ soll das Abitur nach acht oder neun Jahren am Gymnasium möglich sein. Die Sekundarstufe I am Gymnasium soll wieder auf sechs Jahre verlängert werden. Die CDU kritisiert: Für G9-Absolventen werde so lediglich die Schulzeit für ein Jahr verlängert, ohne sie stundenmäßig bzw. in der Stoffverdichtung zu entlasten. Und es zwinge die Gymnasiallehrer, spätestens ab Klasse 10 nach zwei unterschiedlichen Curricula zu unterrichten. Das bedeute weitere Belastungen für die Pädagogen.
Die SPD keilte nach Laschets Vorstoß gestern denn auch gleich zurück. Marc Herter, Vize-Vorsitzender der NRW-SPD, ätzte: „Der Berg, der da kreißte, hat noch nicht einmal eine Maus geboren.“ Mit seinem Vorschlag, die Entscheidung darüber, ob ein Gymnasium das Abitur nach acht oder neun Jahren anbietet, an die Schule zu übertragen, stehle sich Laschet aus der politischen Verantwortung. Herter: „Die CDU nimmt so sehenden Auges in Kauf, dass es vor Ort ständige Auseinandersetzungen um G8 oder G9 gibt. Das führt zu Chaos und nicht zu Ruhe im System.“
Laschet hingegen unterstrich seine Sachkenntnis damit, dass er sich in den vergangenen Wochen in Gesprächen mit Verbänden, mit Unterstützern der G9-Jetzt-Initiative und auch mit einzelnen Schulleitern ein Bild über die Probleme gemacht habe. Dabei sei immer wieder zur Sprache gekommen, dass die Probleme an den Schulen besonders auch mit dem Unterrichtsausfall einerseits und mit der abnehmenden Akzeptanz für Inklusion (gemeinsames Lernen von Schülern mit und ohne Behinderung) andererseits zusammenhingen. So wie die Landesregierung die Inklusion umsetze, geschehe sie zum Schaden aller Schüler — derjenigen, mit und ohne Behinderung. Bis die Inklusion mit Plänen und Personal unterlegt sei, dürfe keine weitere Förderschule geschlossen werden, fordert Laschet.