Vaterliebe: Wie man ein guter König wird
König Juan Carlos von Spanien gab seinem Sohn Kronprinz Felipe gute Ratschläge per Brief.
Madrid. "Gewöhn Dir an, Deinem Gegenüber in die Augen zu schauen. Beweise Interesse für das, was die Leute sagen und was sie tun. Zeig Dich niemals gleichgültig." Dies sind einige der Ratschläge, die der spanische König Juan Carlos seinem Sohn Felipe erteilte, um aus dem Kronprinzen einen guten Monarchen zu machen. Sie stehen in einer Serie von Briefen, die der König dem Thronfolger in den Jahren 1984 und 1985 nach Kanada schickte, wo der damals 16-jährige Felipe ein Gymnasium besuchte.
Die Madrider Zeitung "El Mundo" druckte zu Ostern erstmals Auszüge aus den Schreiben ab, die der Autor und Königshaus-Experte José García Abad demnächst in seinem Buch "El Príncipe y el Rey" ("Der Kronprinz und der König") veröffentlichen wird. Juan Carlos tippte die Briefe - trotz deren privaten Charakters - mit der Schreibmaschine. Der König begründete dies so: "Meine Handschrift ist unleserlich, und ich will Dir die Lektüre bequemer machen."
Besonders am Herzen liegt dem König die Nähe zum Volk. "Stelle Fragen. Frage die Leute immer wieder danach, wie es ihnen und ihren Familien geht", trug er dem Sohn auf. "Du musst Dich beherzt zeigen, auch wenn Du müde bist; Du musst liebevoll sein, selbst wenn Dir nicht danach ist; und Du musst entgegenkommend sein, auch wenn Dich dies eine Überwindung kostet."
Als Juan Carlos dem Kronprinzen die Briefe schrieb, lag der gescheiterte Putschversuch spanischer Militärs keine vier Jahre zurück. Der König hatte maßgeblichen Anteil daran, dass der Staatsstreich niedergeschlagen und die Demokratie gerettet wurde. Seinem Sohn legte er ans Herz: "Wer Oberbefehlshaber der Streitkräfte sein wird, muss sich mit dem Militär vertraut machen." Juan Carlos setzte durch, dass Felipe die Militärakademien besuchte, auch wenn die damalige Regierung davon nicht angetan war.
Zu besonderer Vorsicht rät der Monarch dem Thronfolger im Umgang mit den Medien: "Alles was Du tust und was Du sagst, wird genauestens analysiert und erhält eine ungewöhnliche Publizität." Im Zweifelsfall solle Felipe sich an die Regel halten, viel zu reden und wenig zu sagen. "Es ist besser, freundlich zu sein und ausgiebig zu sprechen, als sich mürrisch und kurz angebunden zu zeigen."
Die Briefe sind nach Ansicht von García Abad ein bedeutendes historisches Dokument. "Dort erfahren wir zum ersten Mal, wie Juan Carlos die Rolle des Königs sieht und über Fragen der Politik denkt", schreibt der Autor. Der König weist den Kronprinzen unter anderem darauf hin, dass der Monarch in der spanischen Politik eine ausgleichende Funktion habe. Er könne ein Gegengewicht bilden, wenn eine Regierung einmal ihre Mehrheit missbrauche und bestimmte Gruppen der Gesellschaft vernachlässige.
König Juan Carlos: Er ist seit dem 22.November 1975 König von Spanien. Juan Carlos stammt aus dem Haus derBourbonen und ist der älteste Sohn von Juan de Borbón y Battenberg.Populär ist der spanische König vor allem für das von ihm mitherbeigeführte Ende der Diktatur Francos und die Einführung derDemokratie in Spanien.
Kronprinz Felipe: Er wurde am 30. Januar 1968 in Madridgeboren. Felipe ist spanischer Thronfolger, Fürst von Asturien undFürst von Girona. Seine Geburt sichert die traditionelle spanischeErbfolge, die männliche Erben gegenüber den weiblichen bevorzugt. Anseinem 18. Geburtstag schwor er den Eid auf die spanische Verfassung.