Weltmeister grillen alles, nur keine Würstchen
Gronau (dpa) - Es geht um die - nein, eben nicht um die Wurst. Für die Grillprofis, die am Wochenende im westfälischen Gronau die Grill-Weltmeisterschaften austrugen, ist Wurst viel zu profan, viel zu gewöhnlich.
73 Teams aus 16 Nationen kämpften beim „World Barbecue Championship“ um den Weltmeistertitel - und drehten statt Thüringern und Krakauern feinste Steaks und zarte Spareribs um. „Es ist keine Wurst auf dem Grill. Sie finden hier Steak, Pizza und sogar Eis, aber sicher keine Wurst“, erklärt der Sprecher der German Barbecue Association, Ernst Büttner.
Dass die Wurst als Lieblings-Grillgut der Deutschen nicht auf dem Programm steht, liegt auch an der internationalen Konkurrenz. Auf dem Rost des kongolesischen Teams finden sich kleine Fruchtpäckchen, nebenan schmoren die marinierten Tomaten der Belgier vor sich hin. Die Grill-Kultur habe sich weiterentwickelt, heißt es. Nach dem Schwenkgrill mit Holzkohle sucht man fast vergeblich.
Stattdessen qualmen und rauchen teure Barbecue-Öfen und „Smoker“ in der kleinen Zeltstadt der Profi-Griller. Die polnischen Meister grillen und räuchern gar in einem umgebauten schwarzen Fiat. Es ist ein riesiger Grill-Zirkus, der sich auf dem ehemaligen Gelände der Landesgartenschau ausbreitet.
„Das Grillen hat sich schon sehr verändert“, sagt Horst Wizemann vom Team der Sieben Schwaben und einer der Oldies. „Früher haben wir halt gegrillt, heute wollen wir zeigen, was auf dem Grill alles möglich ist, wie weit man gehen kann.“ Keine Wurst also. Bei der Grill-WM landen Spareribs, Hähnchen, Schweineschulter, Rinderbrust und ein Dessert auf dem Grill. Insgesamt mehr als drei Tonnen Fleisch, 170 Kilo Petersilie und fast 1000 Salatköpfe. Das Reglement ist streng, die Zutaten sind allesamt von der „World Barbecue Association“ vorgegeben.
Ebenso wie der Zeitpunkt für die Abgabe der gebrutzelten Köstlichkeiten. 320 Juroren bewerten Geschmack, Aussehen und Zartheit der Fleischstücke und Beilagen. Die Männer und Frauen in den knallroten T-Shirts sitzen, bewaffnet mit ihren Bewertungszetteln, an jedem Stand, schlemmen, prüfen und notieren. „Wer könnte da nein sagen“, sagt Jurymitglied Martin Herfurth mit Blick auf das zarte Hähnchenfleisch vor ihm. „Das schmeckt alles fantastisch... mit einer zarten Rauchnote... echt gut.“
Die Herren Bienfait und Vivani aus dem Kongo verstehen zwar das Kompliment des Jurors nicht, wohl aber den Daumen der nach oben zeigt. Völkerverständigung am Grill. Ohnehin scheint das der eigentliche Zweck des ganzen Rummels: Der Belgier Daniel Goegeburg verteilt Schinken an die Polen, die gerade ihren Schnaps mit den Dänen teilen, während das Team aus Luxemburg Bier und Erfahrungen mit den Belgiern austauscht. So richtig gewinnen will scheinbar niemand. „Heute ist ja auch niemand Verlierer“, kommentiert Peep Lints vom Team „Türi Pritsumehed“ aus Estland die entspannte Stimmung. Grillen sei nun mal „massidesse“, Teamwork.
Das sieht man an Männern wie Felix Kriechbaum. Er ist spontan bei den Kongolesen mit eingesprungen. „Allein was wir von denen lernen können!“, sagt er und deutet mit der verschmierten Grillzange auf seine neuen Freunde. „Die sind so relaxt, obwohl es hier echt brennt.“ Weil zwei Mitgliedern des Teams die Einreise verweigert wurde, probiert sich der gelernte Koch und Fleischer nun an exotischen Fruchtspießchen statt an Schweineschulter. Und die anderen Mitglieder seines neuen Teams? Stehen gerade bei den polnischen Kollegen und probieren. Wurst. Irgendwie kam das arme Würstchen dann doch auf den Grill.