Kostengünstig aber marginaler Effekt Wie viel CO2 ein Tempolimt einsparen würde

Berlin · Je schneller unterwegs, desto höher der Benzinverbrauch - und desto mehr CO2 wird in die Luft gepustet. Wie groß der Einspar-Effekt eines Tempolimits ist, darüber herrscht keine Klarheit.

Foto: dpa/Martin Schutt

Ein Tempolimit auf Autobahnen bringt fürs Klima quasi nichts, sagen die einen. Es bewirkt aus Sicht des Klimaschutzes eine ganze Menge, sagen die anderen. Was stimmt?

BEWERTUNG: Dass ein Limit nichts bringt, stimmt nicht. Wie groß der Effekt ist, lässt sich jedoch nicht eindeutig sagen.

FAKTEN: Der Verkehrssektor war im Jahr 2018 der drittgrößte Verursacher von Treibhausgas-Emissionen in Deutschland: Knapp 164 Millionen Tonnen Treibhausgase gingen auf sein Konto, so das Umweltbundesamt. 88 Prozent davon war CO2. Wie viel davon könnte durch ein Tempolimit auf Autobahnen eingespart werden? Es gilt: Geringere Geschwindigkeit gleich geringer Luftwiderstand gleich geringerer Verbrauch. Man legt also die gleiche Strecke mit weniger Kraftstoff zurück - wodurch die CO2-Emissionen abnehmen. Dass man für den gleichen Weg länger braucht, hat auf den Ausstoß und somit aufs Klima keinen Einfluss.

Die Datenlage zur konkreten Einsparung ist in Deutschland indes überschaubar. Eine umfassende, aber veraltete Analyse des Umweltbundesamtes aus dem Jahr 1999 kommt auf etwa drei Millionen Tonnen CO2-Einsparung pro Jahr bei einem Tempolimit von 120 Kilometern pro Stunde.

Für dieselbe Geschwindigkeit berechnete das Öko-Institut im Auftrag der Agora Verkehrswende, die sich für klimafreundlicheren Verkehr einsetzt, im Jahr 2018 ein Einsparpotenzial von 2 bis 3,5 Millionen Tonnen CO2 pro Jahr. Allerdings wird in Deutschland ja eher über Tempo 130 diskutiert. Dafür wären demnach ein bis zwei Millionen Tonnen Einsparung möglich. Das entspreche einem Anteil von 0,6 bis 1 Prozent des derzeitigen Ausstoßes des Verkehrssektors, erläutert der Direktor der Agora Verkehrswende, Christian Hochfeld.

Zu einem vergleichbaren Ergebnis kommt auch der größte deutsche Automobilclub, der ADAC. In seiner Stellungnahme zum Tempolimit vom Januar berechnet er für die Pkw-Flotte des Jahres 2019 auf der Grundlage von Daten des Handbuchs für Emissionsfaktoren (HBEFA) ein CO2-Einsparpotenzial von bis zu zwei Millionen Tonnen pro Jahr.

Das ist ja nicht gerade viel, wenn man sich die gesamten Emissionen anschaut, sagen Kritiker des Limits. 2018 waren es in Deutschland insgesamt gut 858 Millionen Tonnen CO2. Zwei Millionen Tonnen Einsparung wären demnach nur 0,2 Prozent des Gesamtausstoßes. Andererseits ist die Einführung eines Tempolimits einfach und kostengünstig - verglichen mit aufwendigeren, teureren Maßnahmen, die ein vergleichbar großes Einsparpotenzial hätten.

Agora-Verkehrswende-Direktor Hochfeld erwartet neben dem direkten Effekt einen weiteren, der allerdings nicht abschätzbar sei: Mit einem Tempolimit würden die Autos für den deutschen Markt langfristig wohl nicht mehr so groß und so leistungsstark gebaut.

Das Statistische Bundesamt gibt an, dass die gestiegene Motorleistung des Fahrzeugbestandes zwischen 2010 und 2017 zu einem rechnerischen Zuwachs der CO2-Emissionen von acht Millionen Tonnen geführt habe. „Wir gehen davon aus, dass der indirekte Effekt eines Tempolimits durch leichtere, weniger leistungsstarke Fahrzeuge durchaus größer sein könnte als der direkte Effekt“, so Hochfeld.

Dagegen führt der ADAC einen Vergleich der Motorisierung der Fahrzeugflotten in Nachbarländern ins Feld: In der Schweiz etwa sei der Anteil an leistungsstarken Fahrzeugen höher als in Deutschland - trotz Tempolimit von 120 Stundenkilometern.

(dpa)