Wieder tote Frühchen in Bremer Klinik
Bremen (dpa) - In Bremen sind wieder zwei Frühchen im Klinikum Mitte gestorben. Zuvor waren dort erneut gefährliche Darmkeime aufgetreten. Die Landesregierung schließt nun die betroffene Intensivstation.
Gesundheitssenatorin Renate Jürgens-Pieper (SPD) stellte den Geschäftsführer des kommunalen Klinikunternehmens Geno, Diethelm Hansen, unbefristet frei. Die Senatorin sprach von einem schleichenden Vertrauensverlust.
Bremens Bürgermeister Jens Böhrnsen (SPD) und Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) äußerten sich betroffen und fassungslos. „Unser Mitgefühl gilt den Familien. Ein Kind zu verlieren, ist ein entsetzliches Unglück“, teilten sie gemeinsam mit. Es müsse alles getan werden, um die Probleme in den Griff zu bekommen.
Ob ein direkter Zusammenhang zwischen dem Tod der beiden Frühchen und den erneut aufgetretenen resistenten Keimen besteht, war zunächst unklar. Bei beiden Kindern könne man noch nicht sagen, ob die nachgewiesenen Bakterien die Todesursache seien, sagte die Senatorin. Beide Kinder werden gerichtsmedizinisch untersucht, auch die Staatsanwaltschaft wurde eingeschaltet.
Nach Angaben der Klinik handelt es sich bei den frühgeborenen Toten um einen Jungen und ein Mädchen. Beide Kinder seien per Notkaiserschnitt zur Welt gekommen. Ein Baby habe nur rund 500 Gramm gewogen. Das zweite Baby sei in der 36. Schwangerschaftswoche unter schweren Komplikationen zur Welt gekommen und habe wiederbelebt werden müssen.
Im vergangenen Jahr waren drei Neugeborene an Infektionen mit den Bakterien gestorben und mehrere schwer erkrankt. Die Neugeborenen-Intensivstation der Klinik war daraufhin vorübergehend für Desinfektion und Umbau geschlossen worden.
Ende vergangener Woche waren dann erneut die multiresistenten Darmkeime bei drei Frühchen auf der Station nachgewiesen worden, sie erkrankten aber nicht daran. Nach dem erneuten Nachweis des genetisch identischen Keims hatte die Senatorin am vergangenen Freitag einen Aufnahmestopp verhängt.
Jetzt muss die Station an ein anderes Krankenhaus verlegt werden. Jürgens-Pieper beauftragte die Geno damit, eine Lösung mit dem Klinikum Links der Weser und dem Krankenhaus in Bremen-Nord zu erarbeiten. Infizierte oder mit Keimen besiedelte Patienten dürften aber nicht in neue Stationen verlegt werden.
Bereits am Mittwoch begann die Räumung der Neonatologie. „Die Patienten werden auf eine andere Station im Gebäude der Prof.-Hess-Kinderklinik verlegt“, teilte eine Sprecherin der Klinik mit. Auch die Geburtshilfestation wurde geschlossen.
Am Dienstag war bekanntgeworden, dass der gefährliche Keim bereits mindestens seit 2009 in der Klinik vorhanden war. Ein spezialisiertes Labor in Bochum hatte eine aufbewahrte Probe aus diesem Jahr untersucht und die genetische Übereinstimmung mit den aktuellen Klebsiella-Bakterien bestätigt. Außerdem seien erst jetzt in den Akten weitere Fälle gefunden worden.
Jürgens-Pieper zeigte sich darüber sehr verärgert. „Das ist ein Punkt, der mich erschüttert hat.“ Sie habe den verantwortliche Hygieniker von seiner Aufgabe entbunden. „Es geht um Aufklärung, ob es auch Erkrankungen, Infektionen, Besiedelungen oder gar Todesfälle in diesem Zeitraum gegeben hat.“ Die Informationen aus dem Hygieneinstitut hätten möglicherweise bei der Sanierung der Station geholfen.
Noch stehen die Befunde der Abstrich-Untersuchung von etwa 50 Mitarbeitern aus. Auch der Bericht eines Expertenteams des Berliner Robert Koch-Instituts, das am Wochenende im Klinikum war, lag am Mittwoch noch nicht vor. Die Verantwortlichen hoffen, doch noch Hinweise zur Quelle der Bakterien zu bekommen.
Ein Untersuchungsausschuss des Landtages befasst sich seit Wochen mit der Aufarbeitung der Vorfälle. Die Abgeordneten setzten die weitere Zeugenbefragung nach den jüngsten Ereignissen aus. CDU und Linke kritisierten die Geno-Leitung und die Senatorin. Die Wiedereröffnung der Intensivstation sei möglicherweise voreilig gewesen.
Experten hatten von erheblichen Hygiene- und Organisationsmängeln in der Klinik gesprochen und den Umgang mit der Krise kritisiert. Unter anderem waren die Behörden erst Anfang November über die Infektionen informiert worden - lange nach dem Keimausbruch.