Wiederaufbau als Lebensaufgabe

Seiji Yoshimura repariert Häuser und tröstet Bewohner in einer von Unglücken überschatteten Region in Japan.

Ishinomaki. Nur wenige Hilfsgruppen sind in Ishinomaki geblieben. In der Küstenstadt im Nordosten Japans ist nach Erdbeben, Tsunami und Atomunglück nichts mehr so wie vor dem 11. März 2011. Der Wiederaufbau der Region ist von den Titelseiten der Medien verschwunden. Doch Seiji Yoshimura ist noch da. Er repariert zerstörte Einrichtungen und kümmert sich um die älteren Einwohner, die ihre Häuser verloren haben. Kurz nachdem das Erdbeben die Region erschüttert und Zehntausende getötet oder obdachlos gemacht hatte, traf er in Ishinomaki ein.

Rettungseinsätze und den Wiederaufbau in Katastrophengebieten hat er sich zur Lebensaufgabe gemacht. In Ishinomaki gründete er einen Stützpunkt für Helfer. Daraus wurde die gemeinnützige Organisation „Open Japan“ (Offenes Japan). Die Gruppe sei eine von mehreren, die auch die individuelle Unterstützung fortsetze, sagt Yoshinori Abe von der staatlichen Wohlfahrt. „Unschätzbare Arbeit“ leiste „Open Japan“.

Am 11. März 2011 war Yoshimura auf ein größeres Erdbeben vorbereitet. Bereits zwei Tage zuvor hatten heftige Stöße den Nordosten Japans erschüttert. „Ich hatte die ganze Ausrüstung schon im Auto“, erzählt der 47-Jährige. Dennoch brauchte er elf Stunden für die 370 Kilometer von Tokio. „Ich kam um zwei Uhr morgens in Ishinomaki an und sah flammendes Rot über dem Berg“, erinnert er sich. Den Anblick vergisst er nicht.

Inmitten der Nachbeben suchte Yoshimura mit professionellen Sicherheits- und Rettungskräften intensiv nach Überlebenden. „Es war schwer, jemanden zu finden, der noch lebt“, sagt er. Yoshimura ist es wichtig, so schnell wie möglich in ein Unglücksgebiet zu gelangen. Es geht darum, so viele Leben wie möglich zu retten. Es lässt ihn nicht los, dass ihm das in Kobe nicht gelang.

Als nahe dieser westjapanischen Stadt 1995 die Erde bebte, war Yoshimura ein junger Stadtrat in Tokio. Er machte sich mit einem Lastwagen auf den Weg, nahm Hilfsgüter und Kessel zum Kochen vieler Mahlzeiten mit. Doch er erreichte Kobe erst vier Tage nach dem Unglück. Das Ausmaß der Verwüstung entsetzte ihn. Feuer waren ausgebrochen, viele der insgesamt mehr als 6400 Toten waren in den Trümmern der Häuser verbrannt. „Es war zu spät. Ich hätte mehr Leben retten können“, sagt Yoshimura. „Ich fühlte mich so machtlos.“

Aber Kobe wurde für ihn zum Beginn einer Lebensaufgabe. Er blieb und leitete eine Gruppe Freiwilliger, in einem Land, das zu dieser Zeit keine Tradition der Freiwilligenarbeit besaß.

Während sich die Regierung später vorwerfen lassen musste, nicht rechtzeitig mit Maßnahmen begonnen zu haben, kamen Zehntausende Bürger nach Kobe, um zu helfen. Es ist nicht nur die Leidenschaft für den Katastropheneinsatz, die Yoshimura antreibt. Der Sohn eines Pastors der Episkopalkirche in Tokio folgt dem Beispiel des Missionars Paul Rusch. Der Amerikaner half unter anderem 1923, das Krankenhaus St. Lukes in Tokio nach dem großen Kanto-Erdbeben wieder aufzubauen. „Ein Mensch kann einen großen Unterschied machen.“

Nach Kobe wurde er Holzarbeiter und lernte, wie man schweres Gerät bedient. Zudem absolvierte er ein Training bei der Freiwilligen Feuerwehr. „Ohne das Wissen über Brandbekämpfung ist es unmöglich, die Arbeit der Feuerwehrleute im Katastrophengebiet zu koordinieren und als Team zusammenzuarbeiten“, erklärt er.